Dem Grund der Schmerzen auf der Spur
Von der Osteopathie bis zur Chiropraktik: Mit den Händen wirken Heilpraktiker, aber auch immer mehr Schulmediziner gegen den Schmerz.
Immer wieder kehren die lästigen Rückenschmerzen zurück. Eine unglückliche Bewegung reicht, und schon scheint der Körper zu streiken. Oder der Kiefer sendet schmerzhafte Signale in den Kopf, wo sich ein dumpfes Pochen festsetzt. Manchmal ist es auch ein Reizdarm, der den Alltag auf den Kopf stellt. Mehr als 60 Prozent der Menschen in Deutschland geben an, in den vergangenen zwölf Monaten Rückenschmerzen gehabt haben, heißt es beim Robert-Koch-Institut. 45,7 Prozent klagten im vergangenen Jahr über Nackenschmerzen.
Wer dann einen Termin beim Osteopathen oder beim Chiropraktiker macht, lernt für gewöhnlich viel über seinen eigenen Körper. Dort machen sich Heilpraktiker und immer mehr Schulmediziner nämlich nicht nur auf den Weg, den Schmerz zu bekämpfen – sie suchen auch nach der Ursache. „Osteopathie behandelt den Menschen in seiner Gesamtheit“, heißt es beim Verband der Osteopathen Deutschland (VOD). Sie fußt auf
der Erkenntnis, dass der menschliche Organismus aus unzähligen Strukturen bestehe, die alle direkt oder indirekt miteinander zusammenhängen. Jede Belastung, nicht nur falsche oder übermäßige Beanspruchung, nimmt also Einfluss auf das Gleichgewicht zwischen den Funktionen der Knochen, Bänder, Gelenke und Muskeln. Für die Verbindung sorgen die Faszien – dünne Bindegewebshüllen. „Für die Osteopathie sind diese Faszien von großer Bedeutung“, erklären die Fachleute bei der VOD. Denn
sie würden auch solche Strukturen verbinden, die funktionell nichts miteinander zu tun haben. „Das erklärt dann, warum die Beschwerden oft an anderer Stelle auftreten, als die Ursache zu finden ist“, heißt es beim VOD. Osteopathen helfen bei Reizdarmbeschwerden zum Beispiel, indem sie die Nervenversorgung in den Blick nehmen und behandeln. Oder Kopfschmerzen werden durch osteopathische Behandlung am Rücken geheilt. „Die Behandlung findet also an Stellen statt, die auf den ersten Blick wenig mit den Kopfschmerzen zu tun haben“, erklärt der Bundesverband Osteopathie. Die ganzheitliche Heilmethode konzentriert sich auf drei Säulen: den Bewegungsapparat, die inneren Organe und das Nervensystem.
Die Behandlung findet ausschließlich mit den Händen statt: „Osteopathen ertasten bei der Untersuchung das menschliche Gewebe Schicht für Schicht“, informiert der VOD, „und sie erspüren dadurch sowohl tieferliegende Strukturen wie Muskeln, Faszien, Knochen und Nerven als auch Blutgefäße und innere Organe.“Bewegungseinschränkungen und Spannungen werden so diagnostiziert. „Die Osteopathie baut dann auf die körpereigenen Selbstheilungs- und Selbstregulationskräfte“, erklären die Fachleute beim Verband. Mithilfe sanfter Handgrifftechniken werden Blockaden und Gewebespannungen gelöst, Beweglichkeit wird wieder hergestellt – ähnlich wie bei der Chiropraktik, die bei der Behandlung von Funktionsstörungen an Gelenken, der Muskulatur oder am Bindegewebe ebenfalls auf Handgrifftechniken setzt, statt auf Medikamente oder Operationen.
Um das System „Körper“zu rüsten und dem Gleichgewicht zu helfen, empfehlen Osteopathen auch nach der Behandlung präventive Arbeit. Muskelaufbau und Fettverbrennung stärken das Gleichgewicht. Wer beim Functional Training komplexe Bewegungsabläufe von Muskelketten trainiert, stabilisiert den Körper und hält gleich den ganzen Bewegungsapparat fit – statt den Fokus auf einzelne Muskelgruppen zu legen.