Disney und die Diversität
Mit dem Animationsfilm „Strange World“greift der Unterhaltungskonzern nicht nur den Klimawandel als gesellschaftliche Aufgabe auf. Die Vielfalt der Charaktere wird auch schlicht als Selbstverständlichkeit gezeigt.
Wie schützen wir die Menschheit vor dem Klimawandel? Diese Frage beschäftigt Forscherinnen und Forscher, aber auch Politik und Gesellschaft seit vielen Jahren und erfordert immer drängender eine Lösung. In Disneys neuem Animationsfilm haben die Macher diese Lösung bereits gefunden: Ein Leben in Einklang mit der Natur soll der Schlüssel sein.
Searcher ist der Sohn des legendären Entdeckers Jaeger Clade, der sein Leben der Reise in die unbekannte Ferne hinter den Bergen von Avalonia verschrieben hat. Als Searcher auf einer gemeinsamen Expedition eine vielversprechende, mysteriöse Pflanze entdeckt, kommt es zum Streit. Sein Vater will nicht von seiner altbekannten Mission abweichen und neuen Ideen keine Chance geben. Die Wege der beiden trennen sich, 25 Jahre lang hört Searcher nichts von seinem Vater. Inzwischen ist er selbst zum gefeierten Entdecker aufgestiegen: Die Pflanze namens Pando hat sich als Energiequelle entpuppt, durch die die Menschen Strom erzeugen und technischen Fortschritt erlangen konnten. Doch das Pando scheint krank zu sein und seine Kräfte zu verlieren. Gemeinsam mit einer Forscher-Crew machen sich Searcher, seine Frau Meridian und Sohn Ethan auf zu einem Abenteuer, um die mächtige Pflanze zu retten.
Disney zieht in seinem neuen Familienfilm deutliche Parallelen zum Klimawandel. Wie auch in der realen Welt bringt die Industrialisierung negative Konsequenzen für die Umwelt mit sich, die buchstäblich krank wird. Besonders dem vermutlich vornehmlich jungen Publikum – der Film ist ab sechs Jahren empfohlen – werden dabei wichtige Perspektiven zum Zusammenleben mit der Umwelt an die Hand gegeben. Wie üblich bei solchen Filmen gibt es eine deutliche Moral: Behandele deine Umwelt gut.
Aber auch zwischenmenschliche Konflikte nehmen eine große
Rolle in dem Abenteuer ein – mit klarem Fokus auf die männlichen Protagonisten. Da wäre der Generationenkonflikt zwischen Jaeger und Searcher, die stellvertretend für alte und moderne Weltanschauungen stehen. Beide wollen ihren Söhnen die eigenen Lebensideale und -träume aufzwingen und können nicht nachvollziehen, wenn diese von den eigenen abweichen. Auch Searchers Sohn Ethan muss letztlich darunter leiden.
Bei all dem Aufgreifen sozial wichtiger Themen geht Disney das Thema Diversität mit einer angenehmen Selbstverständlichkeit an. Weder die Hautfarben der Charaktere noch deren Sexualität – Ethan schwärmt für seinen Kumpel Diazo – werden in irgendeiner Weise
kommentiert. Stattdessen werden sie als das wahrgenommen, was sie sind: vollkommen normale und reale Charakteristika. Besonders beim jungen Zielpublikum kann das schon früh einen positiven Effekt haben und zur Normalisierung unterschiedlicher Lebensrealitäten beitragen.
Generell scheint die Welt von Disney den Rufen nach Diversität immer mehr folgen zu wollen. Erst kürzlich präsentierte sie „Reflect“, den ersten Kurzfilm mit einer PlusSize-Heldin. Dass diverse Charaktere noch immer keine Selbstverständlichkeit darstellen, zeigten spätestens die zahlreichen Aufschreie nach der Veröffentlichung des ersten Trailers zur Realverfilmung von „Arielle, die Meerjungfrau“
(erscheint 2023) mit Halle Bailey in der Hauptrolle. Eine schwarze Arielle? Für viele unvorstellbar. Fadenscheinige Argumente wie die, dass ein Fabelwesen wie die Meerjungfrau nicht schwarz sein könne, wurden angeführt und zeigten, wie viel Nachholbedarf in der heilen Welt von Disney noch nötig ist.
„Strange World“schafft es, all diese Bemühungen ganz nebenbei abzuhandeln. Ein sehenswerter neuer Film, der über das junge Publikum hinaus auch ältere Zuschauer begeistern kann. Disney punktet dabei mit einer modernen Abenteuergeschichte, starken Szenerien und der beiläufigen Auswahl diverser Charaktere. Ein Film, der gerne als Vorbild für zukünftige Produktionen dienen darf.