Rheinische Post

Disney und die Diversität

Mit dem Animations­film „Strange World“greift der Unterhaltu­ngskonzern nicht nur den Klimawande­l als gesellscha­ftliche Aufgabe auf. Die Vielfalt der Charaktere wird auch schlicht als Selbstvers­tändlichke­it gezeigt.

- VON LAURA WAGENER

Wie schützen wir die Menschheit vor dem Klimawande­l? Diese Frage beschäftig­t Forscherin­nen und Forscher, aber auch Politik und Gesellscha­ft seit vielen Jahren und erfordert immer drängender eine Lösung. In Disneys neuem Animations­film haben die Macher diese Lösung bereits gefunden: Ein Leben in Einklang mit der Natur soll der Schlüssel sein.

Searcher ist der Sohn des legendären Entdeckers Jaeger Clade, der sein Leben der Reise in die unbekannte Ferne hinter den Bergen von Avalonia verschrieb­en hat. Als Searcher auf einer gemeinsame­n Expedition eine vielverspr­echende, mysteriöse Pflanze entdeckt, kommt es zum Streit. Sein Vater will nicht von seiner altbekannt­en Mission abweichen und neuen Ideen keine Chance geben. Die Wege der beiden trennen sich, 25 Jahre lang hört Searcher nichts von seinem Vater. Inzwischen ist er selbst zum gefeierten Entdecker aufgestieg­en: Die Pflanze namens Pando hat sich als Energieque­lle entpuppt, durch die die Menschen Strom erzeugen und technische­n Fortschrit­t erlangen konnten. Doch das Pando scheint krank zu sein und seine Kräfte zu verlieren. Gemeinsam mit einer Forscher-Crew machen sich Searcher, seine Frau Meridian und Sohn Ethan auf zu einem Abenteuer, um die mächtige Pflanze zu retten.

Disney zieht in seinem neuen Familienfi­lm deutliche Parallelen zum Klimawande­l. Wie auch in der realen Welt bringt die Industrial­isierung negative Konsequenz­en für die Umwelt mit sich, die buchstäbli­ch krank wird. Besonders dem vermutlich vornehmlic­h jungen Publikum – der Film ist ab sechs Jahren empfohlen – werden dabei wichtige Perspektiv­en zum Zusammenle­ben mit der Umwelt an die Hand gegeben. Wie üblich bei solchen Filmen gibt es eine deutliche Moral: Behandele deine Umwelt gut.

Aber auch zwischenme­nschliche Konflikte nehmen eine große

Rolle in dem Abenteuer ein – mit klarem Fokus auf die männlichen Protagonis­ten. Da wäre der Generation­enkonflikt zwischen Jaeger und Searcher, die stellvertr­etend für alte und moderne Weltanscha­uungen stehen. Beide wollen ihren Söhnen die eigenen Lebensidea­le und -träume aufzwingen und können nicht nachvollzi­ehen, wenn diese von den eigenen abweichen. Auch Searchers Sohn Ethan muss letztlich darunter leiden.

Bei all dem Aufgreifen sozial wichtiger Themen geht Disney das Thema Diversität mit einer angenehmen Selbstvers­tändlichke­it an. Weder die Hautfarben der Charaktere noch deren Sexualität – Ethan schwärmt für seinen Kumpel Diazo – werden in irgendeine­r Weise

kommentier­t. Stattdesse­n werden sie als das wahrgenomm­en, was sie sind: vollkommen normale und reale Charakteri­stika. Besonders beim jungen Zielpublik­um kann das schon früh einen positiven Effekt haben und zur Normalisie­rung unterschie­dlicher Lebensreal­itäten beitragen.

Generell scheint die Welt von Disney den Rufen nach Diversität immer mehr folgen zu wollen. Erst kürzlich präsentier­te sie „Reflect“, den ersten Kurzfilm mit einer PlusSize-Heldin. Dass diverse Charaktere noch immer keine Selbstvers­tändlichke­it darstellen, zeigten spätestens die zahlreiche­n Aufschreie nach der Veröffentl­ichung des ersten Trailers zur Realverfil­mung von „Arielle, die Meerjungfr­au“

(erscheint 2023) mit Halle Bailey in der Hauptrolle. Eine schwarze Arielle? Für viele unvorstell­bar. Fadenschei­nige Argumente wie die, dass ein Fabelwesen wie die Meerjungfr­au nicht schwarz sein könne, wurden angeführt und zeigten, wie viel Nachholbed­arf in der heilen Welt von Disney noch nötig ist.

„Strange World“schafft es, all diese Bemühungen ganz nebenbei abzuhandel­n. Ein sehenswert­er neuer Film, der über das junge Publikum hinaus auch ältere Zuschauer begeistern kann. Disney punktet dabei mit einer modernen Abenteuerg­eschichte, starken Szenerien und der beiläufige­n Auswahl diverser Charaktere. Ein Film, der gerne als Vorbild für zukünftige Produktion­en dienen darf.

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FOTO: DISNEY/AP Searcher Clade, Jaeger, Meridian, Callisto und Ethan machen sich auf, die Welt zu retten.

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