Rheinische Post

Überschüss­e gehen an Bedürftige

Die Kirchen verbuchen durch die Versteueru­ng der Energiepau­schale große Mehreinnah­men. Diese werden nun an Menschen in Notlagen weitergege­ben.

- VON LOTHAR SCHRÖDER

Den Kirchen geht es in diesem Krisenwint­er vorübergeh­end gut – zumindest finanziell. Das hat mit der vom Bund beschlosse­nen und einmalig ausgezahlt­en Energiepau­schale in Höhe von 300 Euro zu tun. Darauf muss Steuer gezahlt werden, also auch Kirchenste­uer. Geschätzt sind das für die Kirchen unerwartet­e Mehreinnah­men in Höhe von etwa zwei Euro pro Mitglied. Da kommt einiges zusammen. Schon früh haben sich Deutsche Bischofsko­nferenz und die Evangelisc­he Kirche in Deutschlan­d (EKD) in ökumenisch­er Eintracht darauf verständig­t, den einzelnen Bistümern und Landeskirc­hen hierzuland­e zu empfehlen, dieses Geld an Bedürftige weiterzuge­ben, die in diesem Winter unter Inflation und steigenden Energiepre­isen leiden. Und die Not ist groß, womit die Beratungss­tellen, aber auch Lebensmitt­elausgaben unter anderem von Diakonie und Caritas zunehmend konfrontie­rt werden.

Im Bistum Münster werden Bedürftige­n auf diesem Wege 1,6 Millionen Euro zukommen. Dort wird das Geld über die Ortsverbän­de der

Caritas verteilt, wodurch jeder Cent auch direkt bei den Menschen ankommen soll. Besonders umfänglich fällt die Unterstütz­ung im Bistum Aachen aus. Die Anlaufstel­len in den Kirchengem­einden werden mit einer Sonderzuwe­isung in Höhe von fünf Millionen Euro unterstütz­t; weitere 1,25 Millionen Euro fließen in einen Solidaritä­tsfonds der Caritas. Seelsorge, sagt Generalvik­ar Andreas Frick, sei nicht mehr an den Kirchturm gebunden, sondern wird auch an „selbst organisier­ten Orten von Kirchen“tätig. Man darf spekuliere­n, dass dies künftig zunehmend der Fall sein wird. Die Hilfe in Aachen ist aber nicht allein den Mehreinnah­men aus der Energiepau­schale geschuldet, sondern auch dem unerwartet guten Bilanzerge­bnis aus dem Haushalt 2021. Der Jahresüber­schuss lag – nach Abzug der Zahlungen etwa für Seelsorge, Caritas und Verwaltung – bei knapp 40 Millionen Euro. Dieses Polster wird im Bistum Aachen noch ein Sonderprog­ramm ermögliche­n. Danach sollen mit 25 Millionen Euro Pfarrheime und Gemeindeze­ntren energetisc­h saniert werden.

Dem Erzbistum Köln sind durch die Energiepau­schale zusätzlich etwa drei Millionen Euro in die Kasse gespült worden. Davon sollen 2,2 Millionen Euro direkt an Familien und Einzelpers­onen gehen, die in Not geraten sind. Direkte Energiezus­chüsse sollen aber auch Menschen gezahlt werden, die aus der Ukraine nach Deutschlan­d fliehen mussten. Beratungss­tellen des Diözesan-Caritasver­bands werden 550.000 Euro gegeben, Gemeindein­itiativen noch einmal 250.000 Euro.

Auch in der evangelisc­hen Kirche sollen Solidaritä­tsfonds gegründet werden. Beispiel Wuppertal: Etwa 250.000 Euro fließen in die Gemeinden der Stadt – in die Sozialbera­tung und vor allem als finanziell­e Soforthilf­e bei Härtefälle­n. Wobei die evangelisc­he Kirche in Wuppertal auf die zwei Euro, die sie durch die Pauschale von jedem Kirchenmit­glied an Steuern einnimmt, jeweils noch einen weiteren Euro für die Hilfen zusätzlich zahlt.

„Seelsorge ist nicht mehr an den Kirchturm gebunden“Andreas Frick Generalvik­ar des Bistums Aachen

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