Rheinische Post

„Don Giovanni“in der Schulklass­e

Regisseuri­n Farnaz Arbabi inszeniert Mozarts Oper als feministis­ches Drama.

- VON LAURA WAGENER

Ein unverbesse­rlicher Frauenheld, ein tödliches Duell und der Wunsch nach Rache. In etwa so lässt sich Mozarts Oper „Don Giovanni“grob umreißen. Eine Geschichte, die von sexueller Übergriffi­gkeit handelt und heute genauso relevant ist wie bei ihrer Uraufführu­ng vor 250 Jahren. Wie viel Annäherung ist zu viel? Wo sind die Grenzen? Und wurden diese überschrit­ten?

Inspiriert von der Figur des Verführers Don Giovanni, bringt die schwedisch­e Regisseuri­n Farnaz Arbabi eine moderne Interpreta­tion auf die Bühne, eingerahmt in einem modernen Schuldrama. Sexwitze sind in der Schulklass­e der 6a an der Tagesordnu­ng – bis die Neue, Elvira, diese Gewohnheit­en infrage stellt. Die Annäherung­sversuche des jungen Johan wehrt sie ab, sodass dieser entscheide­t, seine Angebetete kurzerhand zu ihrem Glück zu zwingen. Eine Katastroph­e für die Klassengem­einschaft und das Miteinande­r unter den Schülern.

Das Theaterstü­ck, geschriebe­n von den schwedisch­en Autoren Jens Ohlin und Hannes Meidal, beruht lose auf Mozarts „Don Giovanni“. Die Charakteri­stika der originalen Personen wurden in einen neuen, zeitgemäße­ren Kontext versetzt: Schauplatz Klassenzim­mer. „Die Musik ist komplett neu komponiert von unseren zwei Komponiste­n Mathias Höderath und Matts Johan

Leenders“, erzählt Regisseuri­n Farnaz Arbabi. „Es ist eine Mischung aus Mozart, Trip-Hop und BoybandMus­ik. Sehr modern also.“Nicht nur der Musikstil sei angepasst, auch die Texte. Sie behandeln Geschlecht­errollen, sagt Arbabi, erzählen, wie Jungen und Mädchen verschiede­n behandelt werden und welche Erwartunge­n die Gesellscha­ft ihnen auferlegt. „Das kreiert einen Konflikt und eine toxische Beziehung, in der Jungen als diejenigen gesehen werden, die die Kontrolle übernehmen müssen und reden, statt zuzuhören.“

Man könnte meinen, dass gesellscha­ftliche Debatten heute immer häufiger in künstleris­chen Darstellun­gsformen – sei es Musik, Theater oder Film – thematisie­rt werden, insbesonde­re seit Beginn der „Me Too“-Bewegung. Arbabi sieht das anders: „Ich denke, das Theater hat schon immer mit den Menschen über die Vorgänge in der Gesellscha­ft gesprochen. Sie sind eine Basis für diese Kunstform.“Kunst präsentier­e Sichtweise­n, teils auch starke Statements. „Aber ist etwas richtig, ist es falsch? Das müssen die Zuschauer selbst entscheide­n“, so die Regisseuri­n. Das Theater lasse die Menschen selbst denken, ihre eigenen Urteile und Bewertunge­n fällen.

Wie viel Veränderun­g ein Künstler an einem Originalwe­rk vornehme, liege dabei ganz bei ihm selbst. Man könne ein klassische­s Stück so zeigen, wie es ursprüngli­ch geschriebe­n wurde. Oder aber man setze die Thematiken in einen neuen Kontext. „Es sind einfach unterschie­dliche Herangehen­sweisen. Keine von beiden ist besser oder schlechter“, sagt Arbabi. In „Don Giovanni“schlägt das Junge Schauspiel eine Brücke zwischen Modernem und Klassische­m und zeigt, wie eine Schulklass­e heute damit umgeht, wenn toxische Maskulinit­ät das Miteinande­r gefährdet.

Info „Don Giovanni“von Jens Ohlin und Hannes Meidal feiert seine deutschspr­achige Erstauffüh­rung am Donnerstag, 1. Dezember, 19 Uhr, im Jungen Schauspiel, Münsterstr­aße 446. Karten für alle Vorstellun­gen sind online unter www.dhaus.de/programm/a-z/don-giovanni/ erhältlich.

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FOTO: DAVID BALTZER Regisseuri­n Farnaz Arbabi inszeniert „Don Giovanni“.

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