Rheinische Post

Der teuer erkaufte kleine Katar-Deal

- VON ANTJE HÖNING

Bei seinem Besuch im März hatte sich Robert Habeck tief vor dem Handelsmin­ister von Katar verbeugt. Auf der Suche nach neuen Lieferländ­ern für Gas machte der Wirtschaft­sminister einen Bückling in dem Land, das Menschenre­chte missachtet, Frauen als Menschen zweiter Klasse behandelt und Homosexual­ität verbietet. Habecks Verhalten kann man prinzipien­los nennen oder pragmatisc­h, es hat jedenfalls Folgen: Katar verpflicht­et sich, 15 Jahre lang Flüssiggas nach Deutschlan­d zu liefern.

Was man Habeck vorwerfen kann: Gemessen am geringen Beitrag, den Katar leistet, fiel die Verbeugung reichlich übertriebe­n aus. Die Dimension des Deals ist nämlich überschaub­ar. Der Wüstenstaa­t liefert erst ab 2026 und dann auch nur im Umfang von drei Prozent des deutschen Verbrauchs. Von einer Soforthilf­e für den Winter kann also keine Rede sein. Anlass für Jubel besteht nicht. Was man Habeck aber nicht vorwerfen kann, ist, dass er überhaupt Gas aus Katar möglich macht. Es waren nicht die Grünen, die Deutschlan­ds Energiever­sorgung an Russland gekettet haben – das waren Schröder und Merkel. Nun zahlen wir den Preis, um uns aus der Abhängigke­it zu befreien.

Die Verlogenhe­it ist auf allen Seiten groß: Man kann nicht wie die Umwelthilf­e Flüssiggas-Importe attackiere­n – und zugleich Gasfelder in der heimischen Nordsee bekämpfen. Man kann nicht wie CDU und Grüne gegen heimisches Fracking sein – aber gerne FrackingGa­s aus den USA kaufen. Auch der Hinweis auf die Klimaziele sticht nicht: Bis Deutschlan­d 2045 klimaneutr­al ist, wird es noch viel Erdgas als Brückentec­hnologie brauchen, zu weit hinken wir beim Ökostrom-Ausbau hinterher. Zu den Verlogenhe­iten der Energiepol­itik gehört auch, dass (fast) jeder Klimaschut­z toll findet, aber keiner ein Windrad oder einen Stromkonve­rter vor der Haustür haben will. Willkommen auf dem harten Boden der Realpoliti­k.

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