Kein Knast fürs Fahren ohne Ticket
Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) fordert, dass das Gesetz geändert wird.
NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) hofft, dass Menschen bald nicht mehr fürs Fahren ohne Ticket im Gefängnis landen können. „Diese Strafbarkeit des Fahrens ohne Fahrschein birgt die Gefahr, dass gegen sozial Schwache, die sich weder ein Auto noch eine Fahrkarte leisten können, aber auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, Geldstrafen verhängt werden“, sagte er unserer Redaktion. Könnten sie diese nicht zahlen, würden am Ende Freiheitsstrafen verhängt. „Solche kurzen Ersatzfreiheitsstrafen verbessern die Situation nicht. Wir können unsere Ressourcen in der Justiz besser einsetzen.“Er setze sich dafür ein, dass das „Erschleichen von Leistungen“aus dem Strafgesetzbuch gestrichen wird.
Anlass zur Diskussion bieten aktuelle Fälle wie der der ehemals wohnungslosen 56-jährigen Gisa M., die derzeit in Haft sitzt. Zahlreiche
Menschen fordern seit Wochen ihre Freilassung, am Dienstag kamen Demonstranten zu einer Kundgebung vor dem Justizministerium zusammen. Minister Limbach sieht abgesehen von sozialen Aspekten auch juristische Gründe dafür, das Recht zu ändern. „Wer ohne Fahrschein öffentliche Verkehrsmittel benutzt, verstößt erst einmal gegen den Beförderungsvertrag mit den Verkehrsbetrieben“, sagte er. Es sei unüblich, dass zivilrechtliche Ansprüche mit dem Strafrecht durchgesetzt werden. Er setze darauf, dass Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) „im Zuge der geplanten Modernisierung des Strafrechts auch die Aufhebung der Strafbarkeit des Fahrens ohne Fahrschein angeht“. Das entspräche auch dem Beschluss der Justizministerkonferenz der Bundesländer vom 10. November.
Kritik äußern Verkehrsbetriebe. „Der Staat hat das Gewaltmonopol. Darum muss der Staat auch dafür sorgen, dass die Rechtsordnung eingehalten wird“, sagte Volker Wente, Geschäftsführer des Verbands der deutschen Verkehrsunternehmen in NRW. „Auf die abschreckende Wirkung, die doch noch bei vielen mit dem potenziellen Begehen einer Straftat verbunden ist, darf nicht verzichtet werden“, forderte auch Michael Vogel, Chef des Verkehrsverbunds Rhein-Sieg. Die „Beförderungserschleichung“drohe bagatellisiert zu werden.