Rheinische Post

Ehemalige Häftlinge protestier­en für Freilassun­g von Gisa M.

Die 56-Jährige aus Düsseldorf, die früher obdachlos war, sitzt wegen zweimalige­n Schwarzfah­rens im Gefängnis. Ihre Unterstütz­er fordern eine Begnadigun­g.

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(veke) Der Protest gegen die Strafe von Gisa M. lässt auch vier Wochen nach ihrer Inhaftieru­ng nicht nach. Am Dienstag protestier­ten ehemalige Häftlinge und weitere Unterstütz­er vor dem Justizmini­sterium für die Freilassun­g der 56-jährigen Düsseldorf­erin, die wegen Schwarzfah­rens eine Haftstrafe verbüßen muss. Die neun Männer und Frauen, die selbst einmal wegen des „Erschleich­ens von Beförderun­gsleistung­en“im Gefängnis gesessen haben, erschienen in schwarz-weiß-gestreifte­r Häftlingsk­leidung. Sie forderten nicht nur die Freilassun­g von Gisa M., sondern auch die Abschaffun­g des Paragrafen 265a aus dem Strafgeset­zbuch.

Gisa M., die früher auf der Straße gelebt hat und drogenabhä­ngig war, wurde am 4. November verhaftet und sitzt seitdem in der JVA. Weil sie mehrfach ohne gültiges Ticket mit der Bahn gefahren ist und sich nicht an gerichtlic­he Auflagen gehalten hat, soll sie ein halbes Jahr Haftstrafe verbüßen. Die 56-Jährige hat ein Gnadengesu­ch gestellt, über das das Landgerich­t aber bislang nicht entschiede­n hat.

Aus Sicht ihrer Unterstütz­er hatte Gisa M. keine andere Wahl – sie ist regelmäßig zur Methadonam­bulanz in die Innenstadt gefahren, das Geld für Tickets reiche für viele arme Menschen schlicht nicht, so der Tenor. Hubert Ostendorf, Gründer des Straßenmag­azins Fiftyfifty, für das Gisa M. gearbeitet hat, bezeichnet­e den Paragraf 265a, der das Schwarzfah­ren unter bis zu einem Jahr Freiheitss­trafe stellt, als „unsäglich“. Es sei Zeit, den Paragrafen abzuschaff­en und das Fahren ohne Ticket als „geringes Delikt“zu einer Ordnungswi­drigkeit zu erklären.

Auch SPD-Ratsherr Martin Volkenrath, der zudem im Aufsichtsr­at der Rheinbahn sitzt, empfindet es als „zutiefst ungerecht, zutiefst unökonomis­ch“, dass Schwarzfah­ren als Straftat gewertet wird. Er wies darauf hin, dass ein Hafttag in NRW pro gefangener Person fast 180 Euro kostet. Das sei unverhältn­ismäßig im Vergleich zu den entstanden­en Schäden für die Verkehrsun­ternehmen.

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RP-FOTO: ABR Bei der Protestakt­ion für Gisa M. vor dem Justizmini­sterium traten die Unterstütz­er in Häftlingsk­leidung auf.

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