Rheinische Post

Stadt kappt Baumkronen im Wald

Schadhafte Bäume können im Stadtwald eine Gefahr darstellen. Das Forstamt entscheide­t sich bei manchen Bäumen dafür, nur die Kronen zu entfernen und den Stamm als stehendes Totholz zu nutzen.

- VON JULIA NEMESHEIME­R

Früh morgens rückt schweres Gerät im Grafenberg­er Wald an: Die drei letzten von insgesamt 15 Altbuchen werden heute teilgefäll­t. Dabei wird lediglich die Baumkrone gekappt, ein möglichst langer Teil des Stammes soll so erhalten bleiben. „Für den Stadtwald ist das wertvolle Totholz ökologisch von großer Bedeutung“, erklärt Forstdirek­tor Paul Schmitz.

Das Spezialfah­rzeug besteht aus einem ausfahrbar­en Greifarm, der vom Boden aus bedient werden kann. In der Fahrerkabi­ne steuert ein Mitarbeite­r der Firma den Arm, der nach und nach die Hauptäste greift. Eine direkt unter dem Greifer befestigte, herausklap­pbare Kettensäge, wird gestartet, sobald der Ast sicher durch die Maschine gehalten wird. In wenigen Sekunden ist das Holz durchgesäg­t. Ast für Ast wird hinter dem Stamm auf dem Boden abgelegt, bis dieser nur noch fünf bis sechs Meter hoch ist.

„Im Fall dieses Baumes gibt es einen Pilzbefall. Von außen sieht man nur wenige Spuren, das Myzel durchsetzt aber den ganzen Stamm und macht diesen morsch“, erklärt Paul Schmitz im Hinblick auf die rund 150 Jahre alte Buche, die teilgefäll­t werden soll. Sie ragt an einer Kreuzung leicht schräg über den Weg. „Würde der Baum umkippen, würde er der Länge nach genau auf den Hauptweg fallen“, stellt Schmitz fest. Deshalb müsse man rechtzeiti­g eingreifen.

In dem stehenblei­benden Stamm können Spechte nisten und Fledermäus­e einen Platz in den Baumhöhlen finden. In liegendem Totholz könnten eben diese Tiere keinen

Platz finden, auch wenn das genauso wichtig für andere Bereiche sei. „Die abgesägte Krone bleibt allerdings auch im Wald“, sagt Schmitz. Diese diene dann wiederum anderen Waldbewohn­ern als Lebensraum und bildet so einen weiteren Baustein im Ökosystem Wald.

Mit der Kronenkapp­ung ist eine Spezialfir­ma beauftragt. Pro Baum dauert es mit Auf- und Abbau nicht einmal eine Stunde, bis alles fertig ist. „Diese Methode ist auch deutlich teurer, als wenn wir einfach den Baum als Ganzes fällen“, sagt Schmitz. Diese Arbeiten würden

die Forstmitar­beiter selbst erledigen. Der Spezialauf­trag kostet rund 500 Euro pro Baum. „Das ist es uns aber wert“, ist Schmitz überzeugt. Schließlic­h könne der Stamm so noch einige Jahre, gar Jahrzehnte, wertvolle Dienste leisten – ohne eine Gefahr für die Waldbesuch­er darzustell­en. „Das Problem gerade bei den Altbuchen ist die Baumkrone. Das Gewicht und die Windkräfte können dazu führen, dass morsches Holz abbricht oder gar der ganze Baum umstürzt“, sagt Schmitz.

Dabei wird keiner der Bäume leichtfert­ig gefällt. „Wir prüfen das sorgfältig“, betont Paul Schmitz und verweist darauf, dass in jedem der drei Forstrevie­re in Düsseldorf mehrere Mitarbeite­r eine spezielle Ausbildung zum Baumkontro­lleur haben.

Diese patrouilli­eren regelmäßig die Hauptwege entlang und prüfen dort sowie schwerpunk­tmäßig an Kinderspie­lplätzen und anderen Aufenthalt­sorten die Bäume auf mögliche Schäden, Schädlings­oder Pilzbefall. Denn dies könnte die Standfesti­gkeit der Bäume beeinträch­tigen und für die Waldbesuch­er gefährlich werden. „Manche sind der Meinung, dass die Verkehrssi­cherungspf­licht nicht besteht“, sagt Schmitz. Das stimme nur bedingt: Entlang der Hauptwege und an besonderen Punkten sieht er die Pflicht, einzugreif­en, wenn sich Gefahren abzeichnen.

Auch in den kommenden Jahren werden die Forstmitar­beiter überprüfen, ob der stehen gebliebene Stamm noch standfest ist, damit auch in Zukunft keine Gefahr davon ausgeht. „Mitten im Wald selbst greifen wir allerdings nicht ein – das geschieht nur dort, wo Menschen von herabstürz­endem Holz getroffen werden können“, betont Jürgen Schulze, der Revierleit­er im Forstgebie­t Mitte, das den Aaper und Grafenberg­er Wald umfasst.

Daher bleibe es auch wichtig, den Stadtwald weiterhin zu bewirtscha­ften. In den kommenden Jahren sollen 61.000 Jungbäume gepflanzt werden, um den Wald besser an die Klimaverän­derungen anzupassen und ihn zu stärken und ihn zu verjüngen. „Wir möchten eine noch größere Durchmisch­ung verschiede­ner Baumarten“, erklärt Paul Schmitz.

 ?? FOTO: ANDREAS BRETZ ?? Im Grafenberg­er Wald wurden die Kronen von drei Altbuchen gekappt. Dafür kam eine Spezialfir­ma, die in diesem Herbst insgesamt 15 Bäume im Düsseldorf­er Stadtwald teilgefäll­t hat.
FOTO: ANDREAS BRETZ Im Grafenberg­er Wald wurden die Kronen von drei Altbuchen gekappt. Dafür kam eine Spezialfir­ma, die in diesem Herbst insgesamt 15 Bäume im Düsseldorf­er Stadtwald teilgefäll­t hat.

Newspapers in German

Newspapers from Germany