Ein Meister im Dauertief
Die Eisbären Berlin sind aktuell ein Schatten ihrer selbst. Dem Eishockey-Erstligisten droht ein Debakel ohne Play-offs. Oder beginnt die Aufholjagd?
(dpa) Das Dauertief der Eisbären Berlin hat auch den so erfahrenen Eishockey-Nationalstürmer Marcel Noebels verunsichert. „Vorsichtiger“sei er geworden, was die Prognose für die weitere Saison angehe, gibt der 30-Jährige unzufrieden zu. Das gewohnte Eisbären-Selbstverständnis ist dahin. „Viel schönreden kann ich leider nicht“, sagt Noebels. Er glaube, dass die Mannschaft langsam verstehe, dass es „kein einfaches Jahr“werde. „Es wird noch schwieriger, weil es um viel geht. Wenn man die Play-offs nicht erreicht, wissen Sie, was hier los ist? Ich habe da keine Lust drauf.“
Noch ist die Vorrunde der Deutschen Eishockey Liga lang. Aber: Stand jetzt droht den Eisbären tatsächlich, die entscheidende Saisonphase zu verpassen. Am Sonntag
kletterten die Berliner vom 13. auf den 12. und zugleich viertletzten Rang. Sie stehen unter dem Play-offStrich und hinken den eigenen Ansprüchen weit hinterher. Auch beim Außenseiter und Tabellennachbarn Schwenninger Wild Wings am Mittwoch können die Berliner in der derzeitigen Form einen Sieg nicht fest einplanen.
Bisher fehlt es an Konstanz. Die vermeintlichen Top-Konkurrenten EHC Red Bull München und Adler Mannheim sind an der Tabellenspitze meilenweit enteilt. Auch von Tabellenplatz sechs und der direkten Viertelfinal-Qualifikation mag Noebels gar nicht reden. Es geht darum, den Abstand zu Platz zehn, der die erste Play-off-Runde garantiert, nicht abreißen zu lassen.
Am Sonntag zeigte sich das Team in Ansätzen leicht verbessert. Die Fans durften „Halleluja Berlin„ trällern und ihre Schals schwenken. Zu drei Punkten reichte es auch beim 3:2 im Shootout gegen Düsseldorf nicht. „Es liegt immer noch viel Arbeit
vor uns“, sagt Berlins Trainer Serge Aubin.
Die Gründe dafür, dass die mit Nationalspielern gespickten Berliner derzeit wenig mit der Klasse des Titelträgers gemein haben, sind vielschichtig. Abgänge von Schlüsselspielern wie dem WM-Torhüter Mathias Niederberger, dem potenziellen NHL-Verteidiger Kai Wissmann und dem ehemaligen NHLStürmer Frans Nielsen, deuteten schon im Sommer eine möglicherweise schwierige Saison an. Aber so schwierig?
Immerhin sind die Verletzungsprobleme mittlerweile weniger geworden. Ausfälle hatten wie Leistungstiefs und Fehler zu vielen Niederlagen geführt. Die Zugänge konnten die Lücken nicht schließen, beispielsweise auf der Torhüter-Position. Niederberger war einer der Spieler, der den Unterschied ausmachte, als die Berliner nach acht titellosen Jahren 2021 die Serie von München und Mannheim durchbrachen und 2022 ihren Titel erfolgreich verteidigten. Derzeit darf er sich mit München über Platz eins freuen, die Eisbären dagegen müssen sich der Frage nach einem möglichen Torhüter-Problem stellen. Das Experiment, auf die jungen Goalies Tobias Ancicka (21) und Juho Markkanen (20) zu setzen, sei ein „überraschender Weg“, sagt Noebels. Die Krise sei aber nicht ihre Schuld. Nach zwei Meisterpartys gelte es schlicht nun, Eishockey zu „arbeiten“. „Es ist eben nicht wie letztes Jahr, wo man sagt: ,Wir machen das schon, das wird schon irgendwie.‘“
Info: Das DEL-Spiel zwischen der DEG und den Nürnberg Ice Tigers war noch nicht beendet, als diese Zeitung produziert wurde. Den Spielbericht finden Sie unter rp-online.de/deg oder im E-Paper.