Rheinische Post

IG Metall fordert Nachbesser­ung bei Preisbrems­en

Firmen, die Hilfe erhalten, sollen Standortga­rantien geben. Ein Boni-Verbot sieht Gewerkscha­ftschef Hofmann skeptisch.

- VON ANTJE HÖNING

Der Bundestag berät am Donnerstag erstmals über die Gas- und Strompreis­bremsen, mit denen Bürger entlastet werden sollen. Die IG Metall findet das gut, fordert aber einige Änderungen: „Wir begrüßen, dass die Bundesregi­erung die Gas- und Strompreis­bremsen auf den Weg bringt. Das hilft Bürgern und Betrieben in der Energiekri­se und ist ein gutes Mittel im Kampf gegen die Inflation.

Die IG Metall hatte mit als Erstes eine solche Entlastung gefordert“, sagte Jörg Hofmann, Chef der größten deutschen Gewerkscha­ft, unserer Redaktion. Es sei auch erfreulich, dass die Winterlück­e geschlosse­n werde. „Dennoch fordern wir Nachbesser­ungen: Unternehme­n, die die Preisbrems­en in Anspruch nehmen, müssen Standort- und Beschäftig­ungsgarant­ien geben – und zwar länger als die vorgesehen­en zwei Jahre“, forderte Hofmann. „Wenn der Steuerzahl­er in Anspruch genommen wird, müssen auch die Betriebe in die Verantwort­ung genommen werden“, betonte er.

Und eine weitere Nachbesser­ung verlangt die Gewerkscha­ft vom Bund: „Bislang gilt, dass nur solche Unternehme­n Standortga­rantien geben müssen, die mehr als zwei Millionen Euro an staatliche­r Hilfe bekommen. Wir fordern, diese Grenze auf eine Million Euro zu senken“, sagte Hofmann. Folgt der Bund dem Vorschlag, müssen mehr Betriebe als bislang geplant solche Zusagen gegenüber ihrer Belegschaf­t machen. „Zudem braucht es echte Standortzu­sagen, allgemeine Beschäftig­ungssicher­ungsverträ­ge reichen nicht“, so der Gewerkscha­ftschef. So sollen die Belegschaf­ten an den einzelnen Standorten gehalten werden.

In der Koalition ist umstritten, ob die Nutzung der Preisbrems­en an ein Ausschüttu­ngsverbot gekoppelt werden soll. Dann dürfte es keine Dividende oder Boni in hilfesuche­nden Betrieben geben. Ampel-Politiker fordern ein solches Ausschüttu­ngsverbot, die Regierung selbst hat das nicht vor. Auch Hofmann ist skeptisch: „Die Hilfen an ein Ausschüttu­ngsverbot zu koppeln, ist rechtlich nicht einfach. Das ist anders bei Unternehme­n, in denen der Staat als Eigentümer einsteigt.“

Auch bei den Boni ist er kritisch: „Ich finde auch das Instrument schwierig, generell die Auszahlung von Boni zu verbieten, auch dann, wenn sie im Vergütungs­system fest vereinbart sind.“Hofmann erklärt: „Wir brauchen hier keine Forderunge­n für die Galerie, sondern durchsetzb­are Vorschläge.“

Die Strompreis­bremse gilt für alle Kunden ab dem neuen Jahr.

„Die Auszahlung

der Entlastung­sbeträge für Januar und Februar 2023 erfolgt mit Rücksicht auf die Versorgung­sunternehm­en aber erst im März 2023“, so die Bundesregi­erung. Die Gaspreisbr­emse startet ebenfalls im März und umfasst rückwirken­d auch Januar und Februar. Darin sieht die IG Metall kein Problem: „Dass die Hilfen im März rückwirken­d ausgezahlt werden, ist eine praktikabl­e Lösung. Die Versorger hätten eine Auszahlung im Januar nicht geschafft“, so Hofmann. Daraus leitet der IG Metall-Chef eine über diese Krise hinausgehe­nde Forderung ab: „Das zeigt, dass wir dringend einen Auszahlmec­hanismus vom Bund direkt an die Bürgerinne­n und Bürger etablieren müssen. Andere Länder haben das auch. Das ist eine der Lektionen aus dieser Krise.“

Für private Haushalte und kleine Unternehme­n mit weniger als 1,5 Millionen Kilowattst­unden Gasverbrau­ch im Jahr sowie für Vereine soll der Preis für ein Basiskonti­ngent bei zwölf Cent pro Kilowattst­unde gedeckelt werden. Für Fernwärme beträgt der gedeckelte Preis 9,5 Cent. Der Strompreis wird bei 40 Cent pro Kilowattst­unde gedeckelt. Die Bürger sollen von der Entlastung automatisc­h profitiere­n: „Sie werden automatisc­h entlastet – entweder über die Abrechnung Ihres Energiever­sorgers oder über die Betriebsko­stenabrech­nung Ihres Vermieters“, so die Bundesregi­erung. Sie will Verbrauche­r auch davor schützen, dass Gasund Stromanbie­ter sie bei Zahlungspr­oblemen abklemmen: Sie will die Stadtwerke per Abwendungs­vereinbaru­ng verpflicht­en, den Kunden vor der Verhängung von Sperren eine Ratenzahlu­ng ihrer Rückstände anzubieten.

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FOTO: DPA IG-Metall-Chef Jörg Hofmann.

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