Düsseldorfer gehen gegen Gazprom vor
Uniper zieht wegen des Lieferstopps gegen die Russen vor ein Schiedsgericht. Zugleich fürchtet der Versorger harte Auflagen der EU für die Staatshilfe. Der Konzernchef sieht die Zerschlagungsdebatte gelassen.
Die Rettung des größten deutschen Gasimporteurs wird zur Dauerbaustelle: Uniper geht nun mit einem Schiedsverfahren gegen Gazprom vor und fordert 11,6 Milliarden Euro zurück, weil der russische Konzern seine vertraglichen Lieferverpflichtungen nicht erfüllt hat. „Das Verfahren sind wir Uniper und dem Steuerzahler schuldig“, sagte Uniper-Chef Klaus-Dieter Maubach am Mittwoch. Die Erfolgsaussichten seien nicht abschätzbar, meint er. Das Schiedsgericht sitzt in Stockholm. Zugleich sieht Maubach den Verkauf der russischen Tochter Unipro als gescheitert an. Man habe schon einen Käufer an der Hand gehabt, doch die russischen Behörden gäben den Verkauf nicht frei. Nun kappt der Konzern alle Verbindungen zu Unipro. Damit verliert Uniper 5000 seiner 11.500 Mitarbeiter. Und so geht es weiter.
Wie teuer wird die Rettung?
Ziemlich teuer. Von der Förderbank KfW hat Uniper eine Kreditlinie von 18 Milliarden Euro erhalten, davon hat der Konzern bereits 14 Milliarden Euro gezogen. Zudem schießt der Staat insgesamt 33 Milliarden Euro an frischem Kapital gegen die Ausgabe neuer Aktien zu. Brutto geht es damit um 51 Milliarden Euro Staatshilfe. „Die KfW-Kredite sind nur eine Brücke. Wir nutzen das Eigenkapital, um die KfW-Kredite zurückzuzahlen“, betonte Maubach. „Ich gehe davon aus, dass wir mit den 33 Milliarden Euro auskommen.“Darüber hinaus kauft der Bund dem finnischen Konzern Fortum die 78-Prozent-Beteiligung an Uniper für 500 Millionen Euro ab. „Das Jahr 2022 war ein annus horribilis für uns“, so Maubach. „Aber wir sind auch die lebendige Gaspreisbremse, weil wir die Verluste absorbieren und nicht an die Stadtwerke weiterreichen.“Er versprach: „Wir wollen und werden unsere Kredite an den Staat zurückzahlen.“
Gibt es grünes Licht von der EU?
Das ist die große, bange Frage. Derzeit prüft die EU-Kommission, ob eine so gewaltige Staatshilfe mit dem Beihilferecht zu vereinbaren ist. Uniper fürchtet, dass es harte Auflagen etwa zu Verkäufen von Unternehmensteilen gibt. Aus Unternehmenskreisen
hieß es, dass Uniper nach der Krise ein Drittel seiner Ertragskraft verloren haben werde. Darüber hinaus dürfe Uniper nicht weiter beschädigt werden. Es müsse klar sein, dass die Rettung auch den Kunden und dem europäischen Gasmarkt helfe, so die Kreise. Eine Logik nach dem Motto „großes Hilfspaket, große
Auflagen“dürfe es nicht geben, dann sei die Zukunftsfähigkeit bedroht. Es muss schnell gehen: Ohne grünes Licht der EU wird der Bund kein Geld geben.
Was wird aus den Aktionären?
Durch die Kapitalerhöhung und den Aufkauf der Fortum-Anteile wird Uniper
verstaatlicht, der Bund wird dann 99 Prozent der Aktien halten. Eine für den 19. Dezember einberufene außerordentliche Hauptversammlung soll den Weg dafür frei machen. Eine Alternative haben die Anleger nicht, ohne Verstaatlichung steht Uniper vor dem Aus. Damit stimmen die Anleger zugleich ihrer
Marginalisierung zu. Sollte Uniper jemals wieder Gewinne machen, werden diese auf weit mehr Aktien als bislang verteilt.
Was bleibt von Uniper?
Mit Gazproms Lieferstopp ist Unipers Geschäftsmodell zusammengebrochen, billiges russisches Pipelinegas zu kaufen und europaweit an 500 Stadtwerke zu liefern. Nun müssen die Düsseldorfer das Gas zu hohen Preisen am Markt beschaffen. Die Verluste lagen teilweise bei mehr als 200 Millionen Euro am Tag, aktuell sind es weniger als 100 Millionen. Künftig soll Gas zum Beispiel aus Katar kommen. Der Wüstenstaat liefert ab 2026 Flüssiggas (LNG), das am Ende auch an Uniper gehen soll. Am Dienstag ist eine Vereinbarung unterzeichnet worden. Zudem ist Uniper groß im Speichergeschäft, will in diesem Jahr den schwimmenden LNG-Terminal in Wilhelmshaven in Betrieb nehmen und sichert sich Speicherschiffe.
Droht eine Zerschlagung?
Der Bund will nicht auf Dauer Großaktionär von Uniper bleiben. Schon gibt es Spekulationen, er könnte Uniper später zerlegen und in Teilen verkaufen, um so auszusteigen. Interessenten für das Speicher- und Handelsgeschäft gäbe es durchaus, heißt es in der Branche. „Wenn wir 2025 wieder kapitalmarktfähig werden, wird man diskutieren, ob es einen neuen Börsengang gibt oder ob der Bund über eine Zerschlagung entscheidet“, sagte Maubach. Betriebsratschef Harald Seegatz mahnte unlängst: „Uniper muss überlebensfähig und als gesamter Konzern erhalten bleiben.“