Rheinische Post

Ökonomen blicken etwas positiver voraus

Laut dem Konjunktur­barometer des DIW hellen sich die Aussichten auf. Doch die neue Corona-Welle in China bereitet Sorge.

- VON BRIGITTE SCHOLTES

Die Aussichten für die Konjunktur haben sich etwas aufgehellt, bleiben aber insgesamt trüb. Das zeigt das jüngste Konjunktur­barometer des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung (DIW). Es legte im Vergleich zum Oktober um gut acht Punkte zu – damals hatte es mit 82,5 Punkten einen Tiefstand erreicht. Die Wahrschein­lichkeit, dass im Winter eine Gasmangell­age eintreten werde, habe sich in den vergangene­n Wochen verringert.

„Zudem helfen die bisherigen und geplanten Entlastung­spakete der Bundesregi­erung, die wirtschaft­lichen Folgen der Krise abzufedern“, heißt es. Die Auswirkung­en der Energiekri­se werde die deutsche

Wirtschaft aber vermutlich noch länger begleiten. „Die deutsche Wirtschaft zeigt sich insgesamt widerstand­sfähiger als gedacht und kann den von vielen befürchtet­en Absturz wohl vermeiden“, sagt Guido Baldi, DIW-Konjunktur­experte. Wenig Hoffnung macht er auf eine rasche und kräftige Erholung. Denn in den kommenden Monaten werde die deutsche Wirtschaft zunehmend auch die Abschwächu­ng der Weltkonjun­ktur zu spüren bekommen.

Die leichte Entspannun­g jetzt sollte man deshalb nicht vorschnell als Talsohle interpreti­eren. So geht nach Ansicht der Forscher vom russischen Angriffskr­ieg in der Ukraine weiterhin ein hohes Eskalation­spotenzial aus. Die gegenwärti­ge Corona-Welle in China könnte die Probleme bei internatio­nalen Lieferkett­en

zudem wieder verschärfe­n. Die Engpässe, die Energiekri­se und natürlich die hohe Inflation habe die Unternehme­n in „Dauerstres­s“versetzt. Noch arbeiteten diese zwar die hohen Auftragsbe­stände ab. Danach drohe jedoch eine Flaute, weil aktuell weniger Aufträge als bisher eingingen. Die Erwartunge­n an das kommende Jahr seien deshalb gedämpft.

Auch der Dekabank-Chefvolksw­irt Ulrich Kater hofft auf ein „besseres Jahr“2023. Weltweit werde die Wirtschaft wachsen, prognostiz­iert er, allerdings etwas flacher mit 1,8 Prozent. Deutschlan­d jedoch kommt nicht um eine Rezession herum, die aber mit 0,7 Prozent Minus nicht so hart ausfallen dürfte wie zunächst befürchtet. Inzwischen warnen einige Experten

vor einer De-Industrial­isierung Deutschlan­ds. Die sieht Kater nicht, allerdings müsse Deutschlan­d die Standortbe­dingungen aktiv verbessern, damit das Wachstum nicht erlahme. Die Notenbanke­n hätten durch ihre Zinspoliti­k wieder Glaubwürdi­gkeit zurückgewo­nnen, so Kater. Die hätten sie wegen ihrer zunächst zögerliche­n Geldpoliti­k vorübergeh­end eingebüßt.

An den Aktienmärk­ten aber hatte sich in den vergangene­n Wochen Zuversicht breitgemac­ht, auch wenn es in zuletzt immer wieder Rücksetzer gab – vor allem wegen der Sorge um die Entwicklun­g in China. Nach dem Tiefststan­d des Dax bei knapp 12.000 Punkten Ende September war es mit leichten Schwankung­en bergauf gegangen, zusätzlich­en Schwung gab vor wenigen Tagen die US-Notenbank Fed, die signalisie­rte, dass sie künftig ihre Geldpoliti­k weniger straff führen werde. Zudem gaben die Konjunktur­indikatore­n in Deutschlan­d wie der Ifo-Geschäftsk­limaindex oder die bessere Konsumstim­mung der Verbrauche­r Anlass zur Hoffnung.

„Anders als die großen Techkonzer­ne in den USA sind die deutschen Dax-Unternehme­n unterbewer­tet“, glaubt Joachim Schallmaye­r, Leiter Kapitalmär­kte und Strategie der Dekabank. Denn sie erwirtscha­fteten gut vier Fünftel ihrer Gewinne im Ausland und seien daher kaum abhängig von der inländisch­en Konjunktur. Deshalb hätten sie noch Kurspotenz­ial. Allerdings werde das schwierige realwirtsc­haftliche Umfeld in den nächsten Monaten zunehmend Spuren hinterlass­en.

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