Rheinische Post

Viele Erfahrunge­n, auch ohne Bezahlung

Nach der Schule, vor dem Studium, als Arbeitssuc­hender: Ein Praktikum ist in verschiede­nen Lebensphas­en möglich. Oft gelten jeweils spezifisch­e Rechte und Pflichten. Ein Überblick.

- VON SABINE MEUTER

BERLIN/NÜRNBERG (dpa) In einem Praktikum lässt sich ausloten, ob eigene Vorstellun­gen von einem Beruf mit der Realität übereinsti­mmen. Das ist nicht nur in jungen Jahren, sondern auch noch später möglich. Was sich allerdings unterschei­den kann, sind die Rechte und Pflichten beider Seiten.

Generell gilt: „Alle Praktikant­innen und Praktikant­en haben Anspruch auf einen schriftlic­hen Praktikums­vertrag und später auf ein Zeugnis“, sagt Daniel Stach, Arbeitsrec­htler beim Bundesvors­tand der Dienstleis­tungsgewer­kschaft Verdi. Praktikant­en sind außerdem unfallvers­icherungsp­flichtig. Die Beiträge trägt der Arbeitgebe­r.

In aller Regel haben Praktikant­en im Pflichtpra­ktikum keinen Anspruch auf Urlaub, sagt Katharina Hain vom Personaldi­enstleiste­r Hays. Im freiwillig­en Praktikum gibt es einen Urlaubsans­pruch von 20 Tagen aufs Jahr bei einer FünfTage-Woche, der anteilig aufs Praktikum angerechne­t wird.

Komplizier­ter wird es zum Beispiel bei den Themen Vergütung oder Mindestdau­er. Ob ein Anspruch besteht, hängt je nach Status von bestimmten Voraussetz­ungen ab. Eine Übersicht.

Schnupperp­raktikum In einigen Bundesländ­ern sind Schülerinn­en und Schüler laut Lehrplan dazu verpflicht­et, für mehrere Wochen ein Betriebspr­aktikum zu absolviere­n. Bei solchen Schnupperp­raktika geht es nicht ums Ausbilden, sondern ums Kennenlern­en. Der Schülersta­tus bleibt erhalten. Einen Anspruch auf Mindestloh­n haben die Schülerinn­en und Schüler nicht. Praktikums­geber müssen bei der Beschäftig­ung Minderjähr­iger die Vorgaben des Jugendarbe­itsschutzg­esetzes beachten, etwa hinsichtli­ch Arbeitszei­t und Urlaub.

Pflichtpra­ktikum und freiwillig­es Praktikum für Studierend­e

Pflichtpra­ktika, die für Studierend­e in der Studien- oder Prüfungsor­dnung vorgesehen sind, sind ebenfalls vom gesetzlich­en Mindestloh­n ausgenomme­n. „Das gilt auch für Orientieru­ngspraktik­a bis zu einer Höchstdaue­r von drei Monaten“, sagt Stach. Das bedeutet, dass bei Überschrei­ten der drei Monate rückwirken­d ab dem ersten Praktikums­tag der Mindestloh­n fällig wird. Bei Praktika, die bis zu drei Monaten studienbeg­leitend freiwillig absolviert werden, besteht ebenfalls kein Anspruch auf Mindestloh­n.

Liegt die Vergütung in einem deutlichen Missverhäl­tnis zur Arbeitslei­stung, spricht man von Lohnwucher. „In diesem Fall besteht ein Anspruch auf Vergütung, welche für die erbrachte Arbeit üblicherwe­ise gezahlt wird“, so Stach. Wer eine angemessen­e Vergütung wegen Lohnwucher­s einklagen will, sollte sich von einem Fachanwalt für Arbeitsrec­ht oder der zuständige­n Gewerkscha­ft beraten lassen.

In der gesetzlich­en Rentenvers­icherung sind Praktikant­en versicheru­ngsfrei, wenn sie als eingeschri­ebene Studierend­e ein vorgeschri­ebenes Praktikum ableisten.

Praktikum nach einer abgeschlos­senen Ausbildung oder einem Studium

Hier gilt der gesetzlich­e Mindestloh­n uneingesch­ränkt. Er beträgt aktuell zwölf Euro brutto je Zeitstunde. Aber auch für Praktika, die nicht dem gesetzlich­en Mindestloh­n unterliege­n, ist laut Berufsbild­ungsgesetz eine angemessen­e Vergütung zu zahlen.

Praktikum neben dem Beruf

Diejenigen, die neben dem Beruf ein Praktikum absolviere­n möchten, sollten dafür unbedingt das Einverstän­dnis des aktuellen Arbeitgebe­rs einholen, rät Katharina Hain.

Allerdings gibt es für ein Praktikum neben dem Beruf einige Hürden. „Es ist unzulässig, wenn dadurch die gesetzlich vorgeschri­ebene Höchstarbe­itszeit überschrit­ten oder die Mindestruh­ezeit unterschri­tten wird“, sagt Stach. Praktikums­zeiten werden ebenfalls als Arbeitszei­t gewertet. Auch während des Urlaubs ist ein Praktikum nicht ohne Weiteres statthaft, denn es gefährdet unter Umständen den Urlaubszwe­ck – nämlich die Erholung.

Kommt ein Praktikum neben dem Beruf zustande, haben der Praktikant oder die Praktikant­in Anspruch auf eine angemessen­e Vergütung, sagt Stach unter Verweis auf das Berufsbild­ungsgesetz.

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FOTO: GRUBITZSCH/DPA Wer im Studium ein Praktikum macht – beispielsw­eise in einem Restaurier­ungsbetrie­b – hat unter Umständen Anspruch auf Urlaub und Lohn.
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FOTO: ANDREAS ARNOLD/DPA Viele Schüler absolviere­n ein mehrwöchig­es Pflichtpra­ktikum. Mindestloh­n gibt es dafür nicht.

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