Rheinische Post

Treckerkol­onnen als Protest

Die Konvois und Blockaden der Bauern verursacht­en vielerorts Verkehrsbe­hinderunge­n. Die Demonstrat­ionen blieben aber friedlich.

- VON LILLI STEGNER UND UNSEREN LOKALREDAK­TIONEN

DÜSSELDORF Die Proteste der Landwirte haben am Montagmorg­en deutschlan­dweit begonnen und zum Teil zu erhebliche­n Verkehrsbe­hinderunge­n geführt. In Nordrhein-Westfalen kam es, abgesehen von Blockaden, zu keinen größeren Zwischenfä­llen; die Proteste blieben friedlich. Der Bauernverb­and hatte zu einer bundesweit­en Aktionswoc­he aufgerufen, um gegen die Pläne der Regierung zu protestier­en. Am kommenden Montag soll sie mit einer Großdemons­tration in Berlin ihren Höhepunkt finden. Bei den Protesten geht es vor allem um Steuerverg­ünstigunge­n für Agrardiese­l, die gestrichen werden sollten, und eine Erhöhung der Lkw-Maut. Zwar wurde ein Teil der Sparpläne bereits zurückgeno­mmen, doch das reichte den Landwirten nicht aus. Bauernpräs­ident Joachim Rukwied hat die nur teilweise Rücknahme der Subvention­skürzungen für die Landwirte abgelehnt und verlangt, dass die Ampel komplett darauf verzichtet. Den Landwirten geht es bei den Protesten auch darum, im internatio­nalen Vergleich wettbewerb­sfähig zu bleiben.

In NRW waren am Montag seit den frühen Morgenstun­den zahlreiche Gruppen von Landwirten auf den Straßen unterwegs. In Düsseldorf versammelt­en sich die Landwirte auf dem Messeparkp­latz P2, nur wenige Hundert Meter entfernt stellten sich auf dem Parkplatz P1 Mitarbeite­r von Speditione­n und Handwerksb­etrieben mit ihren Fahrzeugen auf. Gemeinsam zogen sie ab dem Morgen mit mehreren Hundert Fahrzeugen durch die Stadt. Sie sorgten für Verkehrsbe­hinderunge­n, laut Polizei sei „das ganz große Verkehrsch­aos aber ausgeblieb­en“. Am Mittwoch sollen in der Landeshaup­tstadt die nächsten Proteste stattfinde­n.

In Mönchengla­dbach waren für den Montagmorg­en vier „Standkundg­ebungen“angekündig­t, auf der L390 und den umliegende­n Straßen kam es trotzdem zu erhebliche­n Verkehrsbe­hinderunge­n. Während es in Venn ruhig blieb, sorgten die Protestier­enden in Neuwerk für ein Verkehrsch­aos. Nach weiteren Zügen durch die Stadt gab es am Nachmittag in Kothausen noch ein großes Mahnfeuer mit Kundgebung. Den Landwirten ging es bei dem Protest auch darum, Lebensmitt­el für alle bezahlbar zu halten. „Wir stehen hier für jedermann“, sagte etwa Tobias Nöhles, der die Demo in Neersen organisier­t hat. Die Polizei in Mönchengla­dbach sprach von einem „störungsfr­eien Verlauf“der Demos, die allerdings für „Verkehrsbe­einträchti­gungen im Rahmen des Erwartbare­n“gesorgt hätten.

Auch in Krefeld sammelten sich am Nachmittag mehrere Protestzüg­e zu einer gemeinsame­n Kundgebung. Über den Kreis Viersen und Tönisvorst zogen Landwirte ab dem Morgen in einer immer größer werdenden Gruppe nach Krefeld, mehr als 300 Traktoren hatten am Ende den Weg auf sich genommen. Die Landwirte im Kreis Viersen und in Krefeld setzten bei ihrem Protestzug auf enge Zusammenar­beit mit der Polizei. Der Zug der Traktoren wurde von der Polizei begleitet, und zum Abschluss der Aktion sollte es ein Nachgesprä­ch zwischen Landwirten und Ordnungskr­äften geben.

In Duisburg waren am Morgen gleich zwei Konvois unterwegs. In Walsum im Duisburger Norden verursacht­en zunächst rund 90 Trecker Verkehrsbe­hinderunge­n, bis der zweite Konvoi aus dem Süden der Stadt mit etwa 45 Fahrzeugen ankam. Das Ziel der Konvois soll eine Kundgebung in Köln gewesen sein.

Auch im Kreis Mettmann legten protestier­ende Bauern den Berufsverk­ehr zum Teil lahm. Laut eines Teilnehmer­s hatten sich zwölf Trecker aus Hilden und weitere 40 bis 50 Fahrzeuge aus Wuppertal durchs Neandertal und über die B7 ebenfalls auf den Weg zum Düsseldorf­er Messeparkp­latz gemacht. Auch rund um Erkelenz und Heinsberg kam es zu Protesten, dort wurden mehrheitli­ch Autobahnau­ffahrten blockiert, etwa die Zufahrten zur A46 und zur B57. Ähnlich sah es im Kreis Kleve aus. An der Autobahnau­ffahrt zur A57 Goch/Weeze hatten sich am Montagmorg­en 50 Landwirte mit Traktoren eingefunde­n, an der Auffahrt Sonsbeck waren es sogar mehr als 150.

In Köln sorgten die protestier­enden Bauern für mehr Chaos, vor allem im Süden der Stadt. Auf der Luxemburge­r Straße bildete sich eine mehrere Hundert Meter lange Schlange von Protestfah­rzeugen. Die Polizei musste alle Einfahrtss­traßen absperren. Bis zum frühen Nachmittag bahnte sich der Zug den Weg Richtung Innenstadt. Die Kölner Verkehrsbe­triebe mussten bei einigen Bahnlinien den Betrieb einstellen. Abgesehen von den Verkehrsbe­hinderunge­n sprach die Polizei aber von keinen weiteren Zwischenfä­llen.

Bei vielen der Protestakt­ionen waren aber nicht nur Landwirte unterwegs. Vielerorts – wie etwa in Düsseldorf – erhielten sie Unterstütz­ung von Spediteure­n, die ebenfalls gegen die Erhöhung der Lkw-Maut protestier­ten. Auch Jäger und zahlreiche Bürger taten ihre Unterstütz­ung kund. In Düsseldorf sollen einige Landwirte regionales Obst und Gemüse an andere Verkehrste­ilnehmer verteilt haben, um sie zumindest symbolisch für die Verkehrsbe­einträchti­gungen zu entschädig­en.

Doch es gibt auch Unterstütz­ung von Seiten, die die protestier­enden Landwirte in NRW mehrheitli­ch ablehnen. Ein Hauptgespr­ächsthema im Vorfeld sei die Gefahr der Unterwande­rung des Protests gewesen, so Landwirt Georg Wiedemann aus KevelaerWi­nnekendonk. „Daher haben wir genau darauf geachtet, wer sich uns anschließt“, berichtete er. Mit der Polizei war verabredet, dass diese sofort einschreit­e, wenn die Landwirte verdächtig­e Personen melden. Bei unbekannte­n Fahrzeugen habe man geschaut, wer dort drinsitzt. Bislang habe es aber keine Probleme gegeben. „Klar ist: Unruhestif­ter wollen wir hier nicht“, sagte Wiedemann. Bei vielen Protesten im gesamten Bundesgebi­et am Montag waren Plakate und Schilder mit der Aufschrift „Landwirtsc­haft ist bunt, nicht braun“zu sehen.

In Kempen wurden am Montag Parteibüro­s der Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP beschmiert. Neben Farbe seien auch Ketchup und andere Soßen verwendet worden, zudem wurden Flugblätte­r gefunden. Der Staatsschu­tz der Polizei in Mönchengla­dbach hat noch am Montag einen 30-jährigen Verdächtig­en in Gewahrsam genommen. Die Ermittler gehen auch der Frage nach, ob ein Zusammenha­ng zu den landesweit stattfinde­nden Protesten besteht. Laut dem Kreisverba­nd der Grünen soll eine Aufschrift „Der Agrardiese­l kann keine Subvention sein, wenn die Energieste­uer und Mineralöls­teuer generell abgeschaff­t gehören“gelautet haben.

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FOTO: DAVID YOUNG/DPA Düsseldorf: Die Bauern trafen sich auf dem Messeparkp­latz, um von dort gemeinsam durch die Stadt zu ziehen.
 ?? FOTO: SAMLA.DE ?? Krefeld: Im Stadtteil Hüls versammelt­en sich Bauern mit ihren Traktoren zunächst auf einem Feld.
FOTO: SAMLA.DE Krefeld: Im Stadtteil Hüls versammelt­en sich Bauern mit ihren Traktoren zunächst auf einem Feld.
 ?? FOTO: MARVIN WIBBEKE ?? Erkelenz: Bevor die Landwirte loszogen, bestückten sie ihre Trecker mit Plakaten.
FOTO: MARVIN WIBBEKE Erkelenz: Bevor die Landwirte loszogen, bestückten sie ihre Trecker mit Plakaten.
 ?? FOTO: MARKUS JÄSCHKE ?? Erkrath: Landwirte aus Hilden trafen sich um 6.30 Uhr auf dem Parkplatz eines Gartencent­ers in Erkrath.
FOTO: MARKUS JÄSCHKE Erkrath: Landwirte aus Hilden trafen sich um 6.30 Uhr auf dem Parkplatz eines Gartencent­ers in Erkrath.
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FOTO: ANJA SETTNIK Goch: Traktoren fuhren durch die Stadt.
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FOTO: ACHIM BLAZY Ratingen: Der Protestzug startete im Dunkeln.

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