Sonntags in die Stadtteilbücherei
Die Bewohner einer WG wollen einfach nur in Ruhe lernen, Eltern lesen ihren Kindern vor – die Sonntagsöffnung in der Stadtteilbücherei in Bilk kommt bei den Bürgern gut an. Das Projekt ist zunächst auf ein Jahr befristet.
BILK Sonntagmittag, 13 Uhr. Die Türen der Stadtteilbibliothek öffnen sich. Ein Novum im Quartier, das sich erst einmal herumsprechen muss. Gegen 14.30 Uhr wird es voll. Im Eingangsbereich hat es sich Ruth Schumann mit einem Becher Kaffee aus dem Automaten bequem gemacht. „Ich finde es toll, dass ich jetzt schon sonntags, hier Zeitung lesen kann“, sagt sie.
Eine Kundin ist gerade dabei, ausgeliehene DVDs in den Rückgabeautomaten zu legen. Aber irgendwie will der die Medien nicht von ihrem Konto löschen. Hilfesuchendend wendet sie sich an die Aufsicht. Der nette Herr am Desk nimmt sich Zeit und schaut, ob er helfen kann. Weil die Technik aber auch bei ihm streikt und er selbst keinen Zugriff auf den Bibliotheksrechner hat, empfiehlt er der Kundin, am Montag noch einmal vorbeizukommen, wenn die Mitarbeiter der Bücherei da sind. „Ich sehe mich hier weniger als Wachmann, der im Auge behält, dass die Besucher sich an die Regeln halten“, sagt er. Vielmehr versuche er, soweit es geht, Fragen zu beantworten und zu helfen. „Im Rahmen meiner Möglichkeiten“, betont er und ist schon ins nächste Gespräch mit einer jungen Frau verwickelt, die sich erkundigt, wo sie Lehrbücher finden kann, um Deutsch zu lernen.
Im Kinderbereich hat es sich Piotr Stankovic mit seinen drei Kindern bequem gemacht. In der Hand hält er ein Bilderbuch, aus dem er den Sprösslingen leise vorliest. Auch Hong Li Huan ist mit seinem Nachwuchs da. Vater und Sohn stehen noch etwas unschlüssig herum und überlegen, ob „wir Bilderbücher schauen oder uns ein Spiel aussuchen“. Das Projekt offene Bibliothek gibt es in vielen Ländern. In Düsseldorf machte die Zentralbibliothek im KAP 2023 den Anfang. Die Ergebnisse des ersten Jahres konnten sich sehen lassen. Das neue Angebot wurde sehr gut angenommen. So entschied der Rat , es auf die Stadtteilbücherei in Bilk auszudehnen. Zunächst auf ein Jahr begrenzt, darf nun samstags von 11 bis 18 Uhr und sonntags von 13 bis 18 Uhr geschmökert, gestöbert, ausgeliehen oder zurückgegeben werden.
Samstags stehen bis 13 Uhr noch zwei Bibliothekarinnen für Kundenanfragen zur Verfügung. Danach werden sie von einer Aufsicht abgelöst, die von einem externen Dienstleister kommt, der sonst Personal für Museen stellt. Sie ist auch sonntags vor Ort. Die Kunden können in dieser Zeit ausleihen, Medien zurückgeben und die digitalen Angebote nutzen. Spezielle Anfragen zu Kundenkonten müssen allerdings nach wie vor während der regulären Öffnungszeiten mit dem dafür geschulten Personal besprochen werden. Im Untergeschoss nutzt Nadine Roos den offenen Sonntag, um sich mit neuem Lesestoff einzudecken. „Ich liebe Fantasy und heute hab ich endlich auch die Zeit, in Ruhe zu stöbern“, sagt sie und zeigt ihren vollen Korb mit dicken Schmökern. Timo Seidlitz blättert in einem Ratgeber. „Ich will im Frühjahr meinen kleinen Balkon insektenfreundlich bepflanzen und dachte, ich schau mal, was es dazu in der Bücherei gibt“, erzählt er. Vor einem halben Jahr ist er von Münster nach Düsseldorf umgezogen. „Ich wohne nur ein paar Straßen weiter und hab durch Zufall davon erfahren, dass die Stadtteilbibliothek sonntags auch geöffnet hat“, sagt er. Eine Kundenkarte hat der Programmierer zwar noch nicht, „aber das hole ich nach“, verspricht der 27-jährige. Fürs erste reicht es ihm, sich an einen der Lesetische zu setzen und sich ein paar Notizen zu machen. Die Besucher der Zentralbibliothek nutzten den offenen Sonntag tatsächlich weniger, um Medien auszuleihen oder zurückzugeben. Sie nahmen das Angebot an, um in Ruhe zu lernen. Sich eine gemütliche Ecke zum Lesen zu suchen oder ungestört zu ihrem Interessengebiet zu recherchieren, so wie Marie und Jannis. Die beiden haben ein gemeinsames Projekt, an dem sie in der Stadtteilbücherei Bilk am Sonntag arbeiten. „In unserer WG ist am Wochenende immer viel los, hier können wir uns besser konzentrieren“, erzählen sie. Auch die beiden wohnen „praktisch gleich um die Ecke“. Die verlängerte Öffnung am Samstag kam ebenfalls sehr gut an. „Es sind viele Familien am Nachmittag da gewesen und ich habe vier Kästen voll mit Rückgaben“, bilanziert die Aufsicht.