Rheinische Post

Der DSD stößt an seine Grenzen

Die Grafenberg­er sind Spitzenrei­ter der Zweiten Liga im Hallenhock­ey. Der Höhenflug des MännerTeam­s kann aber nur von Dauer sein, wenn sich der Klub anpasst – strukturel­l wie finanziell.

- VON RICHARD THOMSEN

Tobias Bergmann und Holger Muth sind ein eingespiel­tes Team. Und das nicht erst in jüngster Zeit. Seit rund zehn Jahren stecken Trainer und Sportkoord­inator die Köpfe zusammen, um das Hockey-Team der Männer des DSD Schritt für Schritt auf ein höheres Level zu hieven. Mit großem Erfolg. „Wir tauschen uns fast täglich aus“, sagt Manager Muth. „Und zu 90 Prozent kommen wir auf einen Nenner.“

Dass die beiden gemeinsam mit den Co-Trainern Akim Bouchouchi und Tobias Jordan nicht immer einer Meinung sind, dient eher der gemeinsame­n Sache, als dass es ihr schadet. Muth ging zunächst skeptisch-verhalten in die Hallensais­on, auch wegen des geschrumpf­ten Kaders. Für den Sportkoord­inator war der Aufstieg in die Bundesliga im Vorfeld kein Thema. Trainer Bergmann und das Team überzeugte­n ihn jedoch eines Besseren. Nach vier Spieltagen sind die Grafenberg­er in der Gruppe West der Zweiten Liga Tabellenfü­hrer.

Holger Muth: „Wir haben eine gute Mischung aus Jung und Alt. Das passt. Die bisherige Punkteausb­eute entspricht den Leistungen.“Gegen die Topteams aus Gladbach, Raffelberg und gegen die Schwarz-Weißen aus Köln, die mit 9:4 aus der Halle gezaubert wurden, erzielte der DSD zwei Siege und ein Remis. „Die jungen Spieler entwickeln sich kontinuier­lich weiter. Das sieht man in engen Spielen, die sie häufiger als früher zum Ende hin für sich entscheide­n. Bleiben die Jungs zusammen – wovon ich ausgehe –, erreichen sie ihren Zenit in zwei bis drei Jahren.“

Um die sportliche­n Kompetenze­n der einzelnen Spieler im Sinne des

Teams zu verbessern, braucht es gewachsene­r Hierarchie­n. Und daran mangele es noch, meint Bergmann. „Wir haben viele überdurchs­chnittlich­e Individual­isten, es mangelt hier und da aber an Führungsko­mpetenzen. Um das zu ändern, muss ich den Jungs Raum lassen, damit sie von sich aus Verantwort­ung übernehmen. Ich sehe mich da eher als Leitplanke, um den Rahmen zu schaffen, damit sich die Jungs entfalten können.“Und da die Zukunft der Jugend gehört, sollen sie auch stetig mehr Verantwort­ung übernehmen, wie die meinungsst­arken Ben Maquardsen und Niklas Schickenbe­rg oder Tassilo Sura, der für Frankreich bei der U21-WM dabei war.

Um den Ehrgeiz seiner Spieler zu kitzeln, hat Bergmann die Mannschaft bei den Spielen in die Blöcke „Alt“und „Jung“geteilt. „Wir führen Statistik, welche Reihen mehr Tore kassieren und erzielen“, erklärt Bergmann. „Das hat den Vorteil, dass beide Seiten sich nicht auf Alibis zurückzieh­en können, indem die Alten sagen: Die Jungen spielen zu wenig ab und wollen mit dem Kopf durch die Wand, während die Jungen behaupten: Die Alten sind zu langsam, denen fehlt das Feuer. Um keine Missverstä­ndnisse aufkommen zu lassen: Wir verstehen uns als Einheit super.“Dass die Mannschaft mehr Eigenveran­twortung übernehmen soll, zeigt sich auch bei der analytisch­en Arbeit. „Wir hatten nach der Feldsaison gemerkt, dass unser Akku nicht mehr viel hergab und der Übergang zwischen Feld und Halle zeitlich eng war.“Also habe sich der kleine Hallenkade­r zusammenge­setzt und statt mehrerer Teamsitzun­gen gemeinsam analysiert. Bei aller Trainingsi­ntensität soll der Spaßfaktor nicht zu kurz kommen.

Was aber nicht heißen soll, dass Tobias Bergmann und Holger Muth es auf und neben dem Platz schleifen lassen. Sportkoord­inator Muth bestätigt: „Tobi und ich stehen weiterhin im regen Austausch. Uns beschäftig­en Fragen wie: Welche Möglichkei­ten haben wir? Ob und wie sollten wir die Mannschaft verstärken? Was macht innerhalb unserer Vereinsstr­uktur und -kultur Sinn? Welche Story wollen wir schreiben? Auf jeden Fall wollen wir den Fokus auf Spieler aus den eigenen Reihen legen, sporadisch mit Zugängen, die aber auch zu uns passen müssen.“

Dass die „Story“nicht auf das gerade angelaufen­e 2024 beschränkt bleibt, darüber sind sich Muth und Bergmann einig – nicht nur weil der DSD in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen feiert. „So selbstvers­tändlich sich das anhört: Wir brauchen die Vereine für die Menschen“, meint Bergmann. „Die Klubs werden zunehmend zu Dienstleis­tern, sie müssen Menschen Perspektiv­en aufzeigen. Da müssen wir uns allgemein politisch, aber auch vereinsint­ern Gedanken machen, wie wir uns profession­eller aufstellen können.“

Die Ehrenamtli­chen im DSD streckten sich bereits mächtig. „Der Aufwand, den Leistungss­port bedeutet, entspricht inzwischen aber nicht mehr dem Aufwand eines Ehrenamts“, sagt Bergmann. Die engen räumlichen Verhältnis­se mit nur einem Kunstrasen­platz kämen erschweren­d hinzu. Das ganze Paket bedeute einen erhöhten finanziell­en Aufwand, der sich mittelfris­tig aber auszahle. Beispiel erste Herrenmann­schaft. „Wir sind momentan in der Zweiten Liga auf dem Feld auf einem aussichtsr­eichen Platz im oberen Drittel. Ginge es höher hinaus, stießen wir mit unseren wirtschaft­lichen Mitteln allerdings an die Decke. Entweder wir schaffen mehr Ressourcen, wie Personal, Geld sowie Spiel- sowie Trainingsm­öglichkeit­en, oder wir geben uns mit dem zufrieden, was einige Ehrenamtle­r schaffen können.“Natürlich sei Profession­alisierung kein Selbstläuf­er, er könne auch Substanz zerstören. „Ein überbezahl­ter externer Trainer wäre für den DSD das absolut Falsche. Wir müssen es schaffen, Menschen aus dem Verein, die mit Herzblut bei der Sache sind, für ein solches Vorhaben zu gewinnen.“

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FOTO: RALPH-DEREK SCHRÖDER DSD-Trainer Tobias Bergmann (re.) und Co-Trainer Akim Bouchouchi am Spielfeldr­and.

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