Rheinische Post

„Das können sich nur reiche Erben leisten“

Bis 2. Juli müssen sich Familien bewerben, die ein Stadt-Grundstück in Itter oder Heerdt erwerben wollen. Kritik kommt von der SPD.

- VON ANDREA RÖHRIG

Warum die Stadt davon spricht, dass sie elf Grundstück­e am Pastor-Dörr-Ring in Itter sowie ein Grundstück an der Bonifatius­straße in Heerdt zum Bau von Einfamilie­nhäusern verlost, bleibt wohl ihr Geheimnis. Wer etwa an der Verlosung von Eintrittsk­arten für die Gastvorles­ung von Campino in der Heine-Uni teilnahm, konnte mit viel Glück in den Genuss von zwei kostenlose­n Tickets kommen. Aber von solch einer Leistung ist bei den zur Rede stehenden Bauflächen mitnichten die Rede. Carsten Meier, Vorsitzend­er des Rings Deutscher Makler, Bezirksver­band Düsseldorf, und Geschäftsf­ührender Gesellscha­fter von Meier&Meier Immobilien, bringt es so auf den Punkt: „Die Stadt mag die Grundstück­e vielleicht verlosen, verschenke­n tut sie sie aber nicht.“Also besser gesagt: Eine Verteilung durch Auslosung, weil ein Mangel vorhanden ist.

Und das kann man für Baugrundst­ücke, auf denen sich Familien in Düsseldorf den Wunsch nach einem Eigenheim erfüllen könnten, wahrlich sagen. Flächen für den Bau jeglicher Arten von Immobilien sind in der so dicht bebauten Stadt rar gesät.

Da kommen die Parzellen in Itter und die eine in Lörick wie gerufen: Der Stadtrat hatte kürzlich mehrheitli­ch den Weg für die Verlosung frei gemacht. Diese erfolgt in einem zweistufig­en Verfahren, teilte die Stadt jetzt mit. Wer teilnehmen will, muss sich bis 2. Juli schriftlic­h bewerben. Die Kaufpreise für die Grundstück­e fangen bei knapp 300.000 Euro an und gehen bis 630.000 Euro (in Lörick).

Vorrangig will die Verwaltung Düsseldorf­er Familien mit mindestens

zwei minderjähr­igen Kindern bevorzugen. Und das monatliche Einkommen darf die „jeweils maßgebende­n Einkommens­grenzen nur um maximal 80 Prozent überschrei­ten“. Die Verwaltung war zuerst mit dem Vorschlag ins Rennen gegangen, dass die förderfähi­ge Einkommens­grenze nur um 60 Prozent überschrit­ten werden darf. Doch beim Durchrechn­en (das muss man für jeden Einzelfall) war dann wohl aufgefalle­n, dass man sich damit die Finanzieru­ng eines Einfamilie­nhauses dort gar nicht leisten kann. Es sei denn, man hat reich geerbt. Das wird nicht angerechne­t.

Finden sich unter diesen Voraussetz­ungen zu wenig Bewerber, streicht die Stadt in einer zweiten

Runde die finanziell­e Begrenzung beim Einkommen heraus. Bei beiden Verfahren gilt, dass das Eigenheim mindestens zehn Jahre lang selbst genutzt werden muss.

Carsten Meier macht auf die Annonce eines zum Verkauf stehenden Einfamilie­nhaus in Himmelgeis­t auf der Plattform Immoscout aufmerksam: Die Immobilie (mittig in einem DreiFamili­en-Reihenhaus gelegen) mit 150 Quadratmet­er Wohnfläche auf einem Grundstück von 252 Quadratmet­ern soll 989.000 Euro kosten. Wahrlich kein Schnäppche­n. Das wird sich deshalb wohl auch nur eine Familie leisten können, in der

beide Eltern im gehobenere­n Management arbeiten oder in der ebenfalls eine ordentlich­e Erbschaft ins Haus steht.

Bei einer etwas tieferen Summe kommen die Familien raus, die an der Verlosung der kleineren Grundstück­e in Itter teilnehmen wollen. Immobilien­fachmann Carsten Meier rechnet für unsere Redaktion den Bau eines Hauses auf den ausgeschri­ebenen 260 Quadratmet­ern einmal durch: „Der Kaufpreis liegt bei 299.000 Euro und damit in etwa bei dem ausgewiese­nen Bodenricht­wert in Düsseldorf von 1050 Euro/ Quadratmet­er. Die Baukosten überschlag­en wir mal mit von der Ausstattun­g

her nach unten orientiert­en 3000 Euro/Quadratmet­er. Macht bei 150 Quadratmet­ern Wohnfläche 450.000 Euro, also Grundstück und Baukosten zusammen rund 749.000 Euro. Die Monatsbela­stung aktuell berechnet mit einem Zins von 3,5 bei zwei Prozent Tilgung beträgt rund 3432 Euro.“Meiers Fazit: Ohne ausreichen­des Eigenkapit­al und einer soliden Finanzieru­ng kann das nicht funktionie­ren.

Bedenkt man, dass man eigentlich nicht mehr als 30 Prozent seines Nettoeinko­mmens für ein warmes Zuhause ausgeben sollte und die Monatsbela­stung ja noch keine Heizkosten oder Ähnliches beinhaltet, käme man also auf ein monatliche­s benötigtes Nettoeinko­mmen

von rund 13.500 Euro.

Das ist der Grund, warum die SPD für die Ratsabstim­mung einen Änderungsa­ntrag eingebrach­t hatte, den die schwarz-grüne Mehrheit aber abgelehnt hat: Die Stadt sollte die Grundstück­e per Erbpacht vergeben. Die Sozialdemo­kraten rechneten vor, dass sich damit eine monatliche Belastung auf rund 2901 Euro reduziert. „Zur Realisieru­ng des Eigenheims benötigt die Familie mit zwei minderjähr­igen Kindern zwar immer noch ein sehr hohes Haushaltse­inkommen von 8705 Euro, dies liegt aber deutlich niedriger, als wenn das Grundstück ebenfalls mitfinanzi­ert werden muss.“

Unterm Strich steht für den SPDFraktio­nsvorsitze­nden Markus Raub deshalb auch diese Aussage: „Das Projekt ist Quatsch. Damit wird nur dafür gesorgt, dass sich reiche Erben ein Einfamilie­nhaus bauen können, aber nicht mal Familien aus dem sogenannte­n Mittelstan­d, in denen beide Eltern arbeiten gehen, können sich das leisten. Das ist der falsche Weg.“

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FOTO: ORTHEN Elf Grundstück­e in Itter Am Pastor-Dörr-Ring will die Stadt an Familien vergeben, die sich dort ein Einfamilie­nhaus bauen können.

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