„Das können sich nur reiche Erben leisten“
Bis 2. Juli müssen sich Familien bewerben, die ein Stadt-Grundstück in Itter oder Heerdt erwerben wollen. Kritik kommt von der SPD.
Warum die Stadt davon spricht, dass sie elf Grundstücke am Pastor-Dörr-Ring in Itter sowie ein Grundstück an der Bonifatiusstraße in Heerdt zum Bau von Einfamilienhäusern verlost, bleibt wohl ihr Geheimnis. Wer etwa an der Verlosung von Eintrittskarten für die Gastvorlesung von Campino in der Heine-Uni teilnahm, konnte mit viel Glück in den Genuss von zwei kostenlosen Tickets kommen. Aber von solch einer Leistung ist bei den zur Rede stehenden Bauflächen mitnichten die Rede. Carsten Meier, Vorsitzender des Rings Deutscher Makler, Bezirksverband Düsseldorf, und Geschäftsführender Gesellschafter von Meier&Meier Immobilien, bringt es so auf den Punkt: „Die Stadt mag die Grundstücke vielleicht verlosen, verschenken tut sie sie aber nicht.“Also besser gesagt: Eine Verteilung durch Auslosung, weil ein Mangel vorhanden ist.
Und das kann man für Baugrundstücke, auf denen sich Familien in Düsseldorf den Wunsch nach einem Eigenheim erfüllen könnten, wahrlich sagen. Flächen für den Bau jeglicher Arten von Immobilien sind in der so dicht bebauten Stadt rar gesät.
Da kommen die Parzellen in Itter und die eine in Lörick wie gerufen: Der Stadtrat hatte kürzlich mehrheitlich den Weg für die Verlosung frei gemacht. Diese erfolgt in einem zweistufigen Verfahren, teilte die Stadt jetzt mit. Wer teilnehmen will, muss sich bis 2. Juli schriftlich bewerben. Die Kaufpreise für die Grundstücke fangen bei knapp 300.000 Euro an und gehen bis 630.000 Euro (in Lörick).
Vorrangig will die Verwaltung Düsseldorfer Familien mit mindestens
zwei minderjährigen Kindern bevorzugen. Und das monatliche Einkommen darf die „jeweils maßgebenden Einkommensgrenzen nur um maximal 80 Prozent überschreiten“. Die Verwaltung war zuerst mit dem Vorschlag ins Rennen gegangen, dass die förderfähige Einkommensgrenze nur um 60 Prozent überschritten werden darf. Doch beim Durchrechnen (das muss man für jeden Einzelfall) war dann wohl aufgefallen, dass man sich damit die Finanzierung eines Einfamilienhauses dort gar nicht leisten kann. Es sei denn, man hat reich geerbt. Das wird nicht angerechnet.
Finden sich unter diesen Voraussetzungen zu wenig Bewerber, streicht die Stadt in einer zweiten
Runde die finanzielle Begrenzung beim Einkommen heraus. Bei beiden Verfahren gilt, dass das Eigenheim mindestens zehn Jahre lang selbst genutzt werden muss.
Carsten Meier macht auf die Annonce eines zum Verkauf stehenden Einfamilienhaus in Himmelgeist auf der Plattform Immoscout aufmerksam: Die Immobilie (mittig in einem DreiFamilien-Reihenhaus gelegen) mit 150 Quadratmeter Wohnfläche auf einem Grundstück von 252 Quadratmetern soll 989.000 Euro kosten. Wahrlich kein Schnäppchen. Das wird sich deshalb wohl auch nur eine Familie leisten können, in der
beide Eltern im gehobeneren Management arbeiten oder in der ebenfalls eine ordentliche Erbschaft ins Haus steht.
Bei einer etwas tieferen Summe kommen die Familien raus, die an der Verlosung der kleineren Grundstücke in Itter teilnehmen wollen. Immobilienfachmann Carsten Meier rechnet für unsere Redaktion den Bau eines Hauses auf den ausgeschriebenen 260 Quadratmetern einmal durch: „Der Kaufpreis liegt bei 299.000 Euro und damit in etwa bei dem ausgewiesenen Bodenrichtwert in Düsseldorf von 1050 Euro/ Quadratmeter. Die Baukosten überschlagen wir mal mit von der Ausstattung
her nach unten orientierten 3000 Euro/Quadratmeter. Macht bei 150 Quadratmetern Wohnfläche 450.000 Euro, also Grundstück und Baukosten zusammen rund 749.000 Euro. Die Monatsbelastung aktuell berechnet mit einem Zins von 3,5 bei zwei Prozent Tilgung beträgt rund 3432 Euro.“Meiers Fazit: Ohne ausreichendes Eigenkapital und einer soliden Finanzierung kann das nicht funktionieren.
Bedenkt man, dass man eigentlich nicht mehr als 30 Prozent seines Nettoeinkommens für ein warmes Zuhause ausgeben sollte und die Monatsbelastung ja noch keine Heizkosten oder Ähnliches beinhaltet, käme man also auf ein monatliches benötigtes Nettoeinkommen
von rund 13.500 Euro.
Das ist der Grund, warum die SPD für die Ratsabstimmung einen Änderungsantrag eingebracht hatte, den die schwarz-grüne Mehrheit aber abgelehnt hat: Die Stadt sollte die Grundstücke per Erbpacht vergeben. Die Sozialdemokraten rechneten vor, dass sich damit eine monatliche Belastung auf rund 2901 Euro reduziert. „Zur Realisierung des Eigenheims benötigt die Familie mit zwei minderjährigen Kindern zwar immer noch ein sehr hohes Haushaltseinkommen von 8705 Euro, dies liegt aber deutlich niedriger, als wenn das Grundstück ebenfalls mitfinanziert werden muss.“
Unterm Strich steht für den SPDFraktionsvorsitzenden Markus Raub deshalb auch diese Aussage: „Das Projekt ist Quatsch. Damit wird nur dafür gesorgt, dass sich reiche Erben ein Einfamilienhaus bauen können, aber nicht mal Familien aus dem sogenannten Mittelstand, in denen beide Eltern arbeiten gehen, können sich das leisten. Das ist der falsche Weg.“