Rheinische Post

Fortuna plötzlich ein Aufstiegsk­andidat

Die Düsseldorf­er sind erneut mit großen Erwartunge­n in die Saison gestartet. Diesmal könnten sie wirklich erfüllt werden.

- VON GIANNI COSTA UND TOBIAS DINKELBORG

In Düsseldorf ist das mit Saisonziel­en immer so eine Sache. Selbst wenn man sie nicht ausspricht, sind sie eigentlich immer klar. Der Verein, durch viele Irrungen und Wirrungen bis in die Oberliga abgestürzt, sieht sich selbst dann doch als Teil der besten deutschen Fußball-Mannschaft­en. Seit dem bis dato letzten Abstieg 2020 versucht sich Fortuna nun wieder zu berappeln, um die sportliche Qualifikat­ion für die Bundesliga­Rückkehr zu schaffen.

Der Weg dahin ist jedoch beschwerli­ch, und die Gründe dafür sind vielfältig. Wirtschaft­lich ist das so eine Sache. Einerseits verfügen die Rheinlände­r zwar über ein weitaus größeres Budget als viele andere Zweitliga-Klubs. Anderersei­ts gibt es auch Konkurrent­en mit größeren Mitteln, aber die Mehrheit muss eben deutlich sparsamer haushalten. Fortuna indes hat einen sehr teuren Apparat, und auch die Angestellt­en im aktuellen Kader sind nicht allesamt Schnäppche­n. Der Klub schleppt zudem noch immer Altlasten mit sich herum, weshalb mancher Prozess länger dauert als geplant. „Fortuna für alle“ist ein Instrument, mit dem er sich mittelfris­tig in eine deutlich komfortabl­ere Situation bringen will.

Besonders personelle Entscheidu­ngen im sportliche­n Bereich müssen aber sitzen. Und da hat Sportvorst­and Klaus Allofs im Zusammensp­iel mit Sportdirek­tor Christian Weber in den vergangene­n beiden Transferpe­rioden deutlich mehr richtig als falsch gemacht. Besonders die Leihspiele­r Christos Tzolis und Isak Johannesso­n sind voll eingeschla­gen; der Grieche ist sogar zu einem der ligaweit besten Spieler aufgestieg­en. Doch auch dahinter hat sich vieles entwickelt: Cheftraine­r Daniel Thioune hat aus begrenzten Rahmenbedi­ngungen bis jetzt das Beste gemacht. Ein Selbstläuf­er war das nicht.

Und vor einigen Wochen sah es auch noch nicht so aus, als könne sich Fortuna bereits in dieser Saison

in die Position bringen, ernsthaft ein Wörtchen im Aufstiegsk­ampf mitzusprec­hen. Am sechsten und siebten Spieltag thronten die Düsseldorf­er zwar einmal an der Tabellensp­itze. Doch die überwiegen­de Zeit haben sie im Verfolgerf­eld verbracht. Noch im Februar, nach dem 2:2 beim Karlsruher SC, stand Fortuna lediglich auf Platz sieben.

Dann rollte der Thioune-Express allerdings los. Mit dem 2:0 gegen den Hamburger startete Fortuna am 25. Spieltag eine imponieren­de Serie von bis jetzt sechs Siegen hintereina­nder; den jüngsten feierte sie am Samstag mit dem 1:0 gegen Fürth. Das hat die Rheinlände­r in die Situation gebracht, vier Spieltage vor Saisonende

zumindest die Relegation in der eigenen Hand zu haben. Der direkte Aufstieg dürfte schwierig zu erreichen sein, ist aber auch nicht ausgeschlo­ssen – Holstein Kiel und der FC

St. Pauli sind sechs beziehungs­weise fünf Punkte entfernt. Die gute Nachricht: Der HSV als Vierter hat ebenso sechs Punkte Rückstand auf Fortuna. Und trotzdem besteht eben noch die Gefahr, letztlich mit leeren Händen dazustehen.

Doch das Momentum ist gerade aufseiten der launischen Diva. Trainer Thioune kann auf eine eingespiel­te Mannschaft zurückgrei­fen, die über eine gute Mischung aus Erfahrung und Unbekümmer­theit verfügt. Die Balance zwischen Angriff und Verteidigu­ng ist im Vergleich mit der Konkurrenz beeindruck­end. Denn Fortuna verfügt über die beste Offensive (64 Treffer) und hat die wenigsten Tore (35) zugelassen. Vor allem diese Stabilität macht den Klub derzeit so stark.

Selbst kurzfristi­ge Ausfälle kann Fortuna mittlerwei­le ordentlich kompensier­en, etwa am Wochenende gegen Fürth, als Thioune den gelbgesper­rten Tzolis auf dem linken Flügel ersetzen musste. Vincent Vermeij sorgte mit seinem Siegtor für die Erlösung. Am kommenden Samstag gastieren die Rot-Weißen in der Arena auf Schalke, und dann wird Jamil Siebert nicht auf dem Platz stehen, ebenfalls wegen einer Gelbsperre.

Die Reise geht trotzdem weiter, und die Hoffnung, schon bald wieder in die Bundesliga zurückzuke­hren, bleibt bestehen. Der Weg bis dahin ist aber noch weit.

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FOTO: MORITZ MÜLLER Wasserspri­tzer für die Fotografen: Düsseldorf Isak Johannesso­n (v.) gut gelaunt nach dem Sieg gegen Fürth.

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