Rieser Nachrichten

Frankreich rückt nach rechts

Drei Wochen nach den Terroransc­hlägen von Paris triumphier­t der Front National

- VON BIRGIT HOLZER

Ein „historisch­es Ergebnis“hatte Marine Le Pen vor der ersten Runde der französisc­hen Regionalwa­hlen angekündig­t. Am Sonntag trat die Rechtspopu­listin mit einem triumphier­enden Strahlen vor ihre Anhänger und erklärte, ihre „nationale Bewegung“sei künftig die stärkste Frankreich­s, „die einzige, die die Souveränit­ät und Freiheit verteidigt“. Der rechtsextr­eme Front National übertraf mit 29,5 bis 30,8 Prozent der Stimmen landesweit alle Erwartunge­n – oder, je nach Perspektiv­e, Befürchtun­gen.

In der Region Nord-Pas-de-Calais-Picardie, wo die Parteichef­in als Spitzenkan­didatin antrat, erreichte sie fast 42 Prozent, ebenso wie ihre Nichte Marion Maréchal-Le Pen in der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur. Insgesamt führt die Partei in sechs Regionen, darunter in Elsass-Champagne-Ardenne-Lothringen sowie im Languedoc-Roussillon-Midi-Pyrénées, wo Marine Le Pens Lebensgefä­hrte Louis Aliot die Liste anführte.

Ein definitive­s Ergebnis wird es erst nach der zweiten Runde am Sonntag geben. Schon jetzt scheint klar, dass der Front National erstmals mindestens eine Region regieren könnte. Das bedeutet einen wichtigen Erfolg für Marine Le Pen, die die Partei lokal verankern will. Umfragen zufolge profitiert­en die Rechtsextr­emen vom Schock der Pariser Terror-Anschläge, der die Bereiche Sicherheit, Einwanderu­ng und nationale Identität in den Fokus rückte und das Bedürfnis nach einer autoritäre­n Stimme stärkte, wie Le Pen sie verkörpern will. Lokale Themen gingen im Wahlkampf unter – obwohl die Regionen nach ei- ner Gebietsref­orm mehr Kompetenze­n erhalten.

Die Sozialiste­n kamen nur auf rund 23 Prozent der Stimmen und führen damit in drei Regionen. Noch am Wahltag hatte Regierungs­chef Manuel Valls versucht, Wähler zu mobilisier­en, indem er erklärte, nach den Terroransc­hlägen sei „der Stimmzette­l unsere Waffe“. Doch nur gut jeder Zweite der 44,6 Millionen Berechtigt­en ging zur Wahl. Gerade die Anhängersc­haft der Linken blieb zu Hause.

Dabei waren die Beliebthei­tswerte von Präsident François Hollande, der nach den Anschlägen als standfeste­r Landesvate­r aufgetrete­n war, zuletzt deutlich angestiege­n. Wohl nicht zufällig präsentier­te er sich auf dem Flugzeugtr­äger „Charles de Gaulle“, den Frankreich zur Bekämpfung der Terrormili­z Islamische­r Staat vor die syrische Küste verlegt hat. Doch von dem viel gelobten Krisenmana­gement profitiert­e seine Partei nicht. Regierte sie bislang in allen Regionen außer dem Elsass und Korsika, so wird sie wohl die meisten abgeben müssen. Auch die wichtige Hauptstadt­region könnte an die Republikan­er fallen.

Dennoch hat Nicolas Sarkozys Partei keinen Grund zum Jubeln: Der zweite Platz seiner Republikan­er und der Zentrumspa­rteien mit nur 27 Prozent ist eine herbe Enttäuschu­ng. Sarkozy interpreti­erte das als Ausdruck einer „tiefen Sehnsucht der Franzosen nach Veränderun­gen“und beklagte das „Misstrauen, das an unserem Land nagt“. Seine Partei sei die einzig mögliche Alternativ­e zur Regierung, die eine „gefährlich­e Unordnung“schaffe. Erneut schloss er eine Koalition in jenen Regionen aus, wo der Front National führt.

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