Ein mitleidiger Vogel

Erwachsene erzählen Gute-Nacht-Geschichten. Heute mal ein Gute-Nacht-Gedicht von Alfred Koch aus Buchenberg

Ein Wichtelfräulein, tief im Wald, Dem war’s im Winter bitter kalt. Hat nur ein Mäntelchen, ein leichtes. Na ja, für kühle Sommernächte reicht es. Doch für den Winter war’s zu dünn. So fror es arg mit trübem Sinn. Es schniefte und es hustete, Es nieste und es prustete. Der Winter kannte kein Erbarmen mit diesem Wichtelchen, dem armen.

Und als es wieder Frühling war, Da kam die ganze Vogelschar. Vom Süden sind sie hergezogen Und in die Heimat eingeflogen.

Das Wichtelchen noch immer hustet. Auch seine Augen war’n verkrustet. Von einem Star wurd’ sie entdeckt, Ganz tief im braunen Laub versteckt.

Die Starenfrau, die sagt „Nanu. Ich kenn’ dich nicht. Wer bist denn du?“„Das Wichtelfräulein Rosenmund“, So tat sie diesem Vogel kund. „Mir geht’s nicht gut, ich habe Fieber. Ein warmer Mantel wär’ mir lieber, Als deine dumme Fragerei. Wie weit ist’s Frühjahr? Ist’s schon Mai? „Ach weißt du“, sprach das kleine Wesen, „Ich bin zu lang’ allein gewesen. Ich bin ein Waisen-Wichtelkind, Weil meine Eltern tot schon sind. Geschwister, die sind auch nicht da.“So sagte sie, den Tränen nah’. „Hab keine Habe und kein Geld. Ich bin das ärmste Kind der Welt.“ Nach einem großen Abschiedsfest, verließen alle dann ihr Nest. Der Star ihr noch ein Liedlein singt Und lange hat sie nachgewinkt. Dann machte sie sich an die Arbeit Und näht’ aus Federn sich ein Kleid.

Auch für ’nen Mantel, Schuh’ und Schal, Reicht aus vom Nest das Mat’rial. Es gab sogar ’ne Kuscheldecke, Unter der sie sich bei Nacht versteckte. Die Starenhöhle war ihr Haus, Der Winter, der blieb vorne drauß’.

Im Frühjahr kam der Star zurück Und beiden tanzten voller Glück. ’ne richt’ge Freundschaft war entstanden. Sie freuten sich, dass sie sich kannten.

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