Spielekonsole für Demenzkranke
Ein neues Projekt soll Patienten in Bewegung bringen – mit Übungen vor dem Fernseher
Wer sich bewegt, bleibt fit – auch im Kopf. Im neuen Forschungsprojekt namens „MobiAssist“forscht die Universität Siegen nun an einem Mobilisierungs-Assistenten zur Unterstützung der Pflege von Demenz-Patienten.
Demenz ist eine niederschmetternde Diagnose, die das Leben von Betroffenen und Angehörigen radikal ändert. Mit dem Fortschreiten der Krankheit nehmen die geistigen und körperlichen Aktivitäten der Betroffenen ab, der Pflegeaufwand nimmt zu. Ein Teufelskreis entsteht: Wer sich weniger bewegt, verliert motorische Fähigkeiten und damit immer mehr Selbstständigkeit bis hin zur sozialen Isolation. Im Projekt „MobiAssist“geht es darum, wie innovative Mensch-Technik-Interaktion die Mobilisierung von Patienten mit Demenz und deren Angehörigen unterstützen kann.
Das Projekt startete am 1. November und wird mit insgesamt 1,6 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Beteiligt sind unter anderem die Deutsche Sporthochschule Köln sowie die Charité Medizin Berlin.
„Wir möchten die Patienten in Bewegung bringen. Die besondere Herausforderung ist, dies bei Demenzkranken zu erreichen und ihnen zu helfen, ihre geistigen und körperlichen Fähigkeiten so lange wie möglich zu erhalten“, sagt Dr. Rainer Wieching, Projektleiter und Mitarbeiter am Lehrstuhl Wirtschaftsinformatik und Neue Medien an der Universität Siegen.
Zum Hintergrund: Neueste Forschungsergebnisse bestätigen, dass möglichst viel Bewegung und körperliche Betätigung das Fortschreiten der Demenz verlangsamen und so einer frühen institutionellen Pflegebedürftigkeit vorbeugen können. Forscherinnen und Forscher der Universität Siegen beschäftigen sich im Projekt „MobiAssist“mit der Frage, wie sich die geplante technische Unterstützung in den Alltag der Menschen und die Pflege im eigenen Heim integrieren lässt.
Kern des Projekts ist eine Art Spielekonsole zur Bewegungserfassung und Animation, die an den heimischen Fernseher angeschlossen wird. Mit innovativen Spielen werden die Patienten animiert, in Bewegung zu bleiben und Aktivitäten des täglichen Lebens zu trainieren. „Wir werden biografische Elemente der Patienten in die Spiele integrieren“, erklärt Wieching. Wer erfolgreich spielt und sich ausreichend bewegt, wird mit Musik und Filmen aus der eigenen Vergangenheit oder Bildern und Grußbotschaften von den Enkelkindern belohnt. Diese biografischen Elemente helfen, den Zugang zum Patienten zu erleichtern. Das Training an der Konsole können Senioren natürlich auch mit ihren Elternkindern absolvieren – und sich so gemeinsam über Erfolge freuen.
Das tägliche Training an der Konsole verbessert die körperlichen Fähigkeiten und hilft, die Selbstständigkeit zu erhalten. „Gleichzeitig werden die Angehörigen entlastet. Es geht hier darum, die Lebensqualität aller Beteiligten zu erhöhen, denn Demenzkranke möchten so lange wie möglich zu Hause leben“, sagt Wieching.