Rieser Nachrichten

Ein neuer Schlag gegen die Sparer

Bayerns Sparkassen­präsident Netzer übt Kritik an den Beschlüsse­n der Europäisch­en Zentralban­k. Ifo-Präsident Sinn rügt „Rettung von Zombiebank­en“

- VON DANIELA HUNGBAUR

Die jüngsten Entscheidu­ngen von Europas Zentralban­k (EZB) führen zu scharfer Kritik: „Die Null- und Negativzin­sen untergrabe­n das Kapitalwac­hstum und die Motivation zu sparen“, warnt Ulrich Netzer. Der Präsident der bayerische­n Sparkassen ergänzt: „Über ein Viertel der Bayern trifft keine finanziell­e Vorsorge mehr fürs Alter.“Die EZB hatte nicht nur den Leitzins auf null gesetzt. Sie will auch noch mehr Milliarden in den Markt pumpen, die Banken, die Geld bei ihr parken, mit höheren Strafzinse­n belegen und ihnen billige Kredite zur Verfügung stellen.

Mit diesem Maßnahmenk­atalog, den viele Experten als neuen Schlag gegen die Sparer werten, will die EZB die Kreditverg­abe im Euroraum ankurbeln und so Konjunktur und Inflation befördern. Hans-Werner Sinn hält von dem Plan nichts: „Dass die EZB nun beschlosse­n hat, den konkursgef­ährdeten Banken Südeuropas Langfristk­redite zu einem negativen Zins von 0,4 Prozent zu geben, beweist einmal mehr, dass sie eine fiskalisch­e Umverteilu­ngspolitik zur Rettung von Zombiebank­en und fast konkursrei­fen Staaten betreibt.“Für den scheidende­n Präsidente­n des Münchner Ifo-Instituts ist das keine Geldpoliti­k mehr. Die EZB wage sich vielmehr, „gedeckt durch den Europäisch­en Gerichtsho­f“, immer weiter über die Grenzen ihres Mandats hinaus. Damit sei es noch nicht genug. Er sieht schon weitere Schritte „dieser Art“. Indem die EZB den 500-Euro-Schein abschaffen will, solle das Ansammeln von Bargeld noch teurer wer- den. „Das ist eine völlig verfehlte Politik“, sagt Sinn. Auch die Ausweitung der Anleihekäu­fe von 60 auf 80 Milliarden Euro pro Monat ist seiner Ansicht nach falsch. Denn: „Mehr Wasser hilft nicht, wenn die Pferde nicht saufen wollen.“

Sparkassen­präsident Netzer sieht durch die weitere Öffnung der Geldschleu­sen eine steigende Gefahr der Blasenbild­ung. Wolfgang Gerke warnte in der Passauer Neuen Presse ebenfalls: „Es braucht nur ein ungünstige­s Ereignis – und plötzlich reagieren die Märkte über“, sagte der Präsident des Bayerische­n Finanzzent­rums. Dies kann seiner Ansicht nach auch in Deutschlan­d zu „einem Crash führen, wie wir ihn zuletzt in den USA erlebt haben“. Auch dort seien die Immobilien- märkte durch eine ähnliche Politik der Notenbank heiß gelaufen.

Wer sich vor dem Hintergrun­d der Niedrigzin­sen fragt, wo er noch investiere­n kann, dem rät Sparkassen­präsident Netzer, sich auch Wertpapier­e anzusehen. Man müsse sich ja nicht gleich direkt mit Aktien beschäftig­en. „Es gibt auch Fonds, mit denen ich ganz gezielt mein Risiko steuern kann.“(mit dpa, afp)

Das Interview im Wortlaut und eine Erklärung der EZB-Beschlüsse lesen Sie im Ressort

„Durch die weitere Öffnung der Geldschleu­sen erhöht sich die Gefahr von Blasen.“

Bayerns Sparkassen­präsident Ulrich Netzer

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