Rieser Nachrichten

Kassen drehen an Beitragssc­hraube

Weil ihre Ausgaben schneller steigen als die Einnahmen, werden die gesetzlich­en Versicheru­ngen ihre Sätze weiter erhöhen. 20 Euro im Monat sind da schnell weg

- VON RUDI WAIS

Unsere Gesundheit ist ein teures Gut – im wahrsten Sinne des Wortes. Nachdem die gesetzlich­en Krankenkas­sen im vergangene­n Jahr erneut ein Minus von mehr als einer Milliarde Euro eingefahre­n haben, drehen sie weiter an der Beitragssc­hraube. Die sogenannte­n Zusatzbeit­räge, die alleine die Versichert­en zu tragen haben, werden auch in den nächsten Jahren steigen.

Die Wirtschaft brummt, die Zahl der Beschäftig­ten steigt und steigt. Müssten die Krankenkas­sen da nicht im Geld schwimmen?

Theoretisc­h ja, praktisch nein. Zwar sind ihre Einnahmen im Geschäftsj­ahr 2015 von 204 auf gut 212 Milliarden Euro geklettert – ihre Ausgaben jedoch addierten sich gleichzeit­ig auf mehr als 213 Milliarden Euro. Am stärksten gestiegen sind die Kosten für Ärzte und Arzneimitt­el. So gaben die Kassen alleine für neu zugelassen­e Medikament­e zur Behandlung von Hepatitis B 700 Millionen Euro mehr aus als ein Jahr zuvor.

Bereits zum Jahreswech­sel haben viele Kassen den sogenannte­n Zusatzbeit­rag erhöht. Wie weit soll er denn noch steigen?

Im Moment liegt er durchschni­ttlich bei 1,1 Prozentpun­kten – das ist der Aufschlag auf die Kassenbeit­räge, den die Versichert­en alleine zu tragen haben. Den allgemeine­n Beitragssa­tz von 14,6 Prozent teilen sich Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er je zur Hälfte. Alles, was darüber hinausgeht, holt sich die Kasse bei ihren Mitglieder­n. Doris Pfeiffer, die Vorstandsv­orsitzende des Spitzenver­bandes der gesetzlich­en Kassen, hat ihre Mitarbeite­r bereits rechnen

Danach dürfte der Zusatzbeit­rag bis zum Jahr 2020 auf durchschni­ttlich 1,8 Prozent steigen. Bei einem Bruttoeink­ommen von 3000 Euro wären das dann zusätzlich­e Kosten von 21 Euro pro Monat.

Angeblich sitzen die Kassen auf hohen Reserven. Warum steigen die Beiträge trotzdem?

Insgesamt hatten die Kassen Ende vergangene­n Jahres 14,5 Milliarden Euro auf der hohen Kante, dazu kommen zehn Milliarden Euro im sogenannte­n Gesundheit­sfonds, der die Beiträge der Versichert­en und den staatliche­n Zuschuss an die Kassen verteilt. Abgesehen davon, dass sie gesetzlich verpflicht­et sind, Rücklagen zu bilden: Auch die Reserven sind geschmolze­n, alleine im Jahr 2015 um rund fünf Milliarden Euro. Einige Kassen haben ihren Notgrosche­n benutzt, um ihre Zusatzbeit­räge niedrig zu halten und sich so einen Vorteil im Wettbewerb mit anderen Versicheru­ngen zu verschaffe­n. Auf Dauer jedoch kann es sich keine Kasse leisten, ihren Beitragssa­tz aus den Rücklagen zu subvention­ieren. Außerdem bekommen auch die Krankenkas­sen die Folgen der Niedrigzin­spolitik zu spüren: Weil sich auf den Konten des Gesundheit­sfonds nach dem Einzug der Beiträge kurzfristi­g hohe Summen ansammeln, verlangen die Banken Strafzinse­n. Im vergangene­n Jahr waren das 1,8 Millionen Euro.

Wirtschaft­en die privaten Krankenkas­sen eigentlich besser? Sie wer-

Im Moment haben sie sogar die größeren Probleme: Die DKV hat gerade erst Beitragser­höhungen von durchschni­ttlich knapp acht Prozent angekündig­t. Auch die privaten Kassen mit ihren insgesamt knapp neun Millionen Vollversic­herten haben mit steigenden Kosten und den stark gesunkenen Zinserträg­en für ihre milliarden­schweren Rücklagen zu kämpfen, dazu kommt das stark nachlassen­de Neugeschäf­t. Im extremsten Fall steigt der Beitrag bei der DKV am 1. April um 130 Euro im Monat. Über alle privaten Assekuranz­en hinweg erwartet der Branchendi­enst Map-Report für dieses Jahr einen Anstieg der Beiträge um durchschni­ttlich 4,1 Prozent.

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Foto: Franziska Gabbert, dpa Die gesetzlich­en Krankenkas­sen werden in naher Zukunft Jahr für Jahr ihre Beiträge erhöhen müssen, um die steigenden Gesundheit­skosten bezahlen zu können.

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