Rieser Nachrichten

Wer mit wem? Das ist hier die Frage

Der Abend verspricht Spannung: Selbst wenn die Zahlen aus den drei Bundesländ­ern vorliegen, ist noch nicht sicher, wer regiert

- VON MICHAEL STIFTER

Mit Prognosen ist das ja immer so eine Sache. Da kann man sich ordentlich blamieren. Wer an diesem Super-Sonntag auf einen spannenden Abend wettet, lehnt sich aber nicht besonders weit aus dem Fenster. Nichts ist ausgeschlo­ssen. So sieht es in den drei Bundesländ­ern aus: ● Im Ländle trug sich vor fünf Jahren Erstaunlic­hes zu. 58 Jahre lang hatten dort Ministerpr­äsidenten von der CDU regiert. Doch der Ärger um Stuttgart 21 und die Katastroph­e von Fukushima änderten alles. Mit

wurde erstmals in Deutschlan­d ein Grüner Ministerpr­äsident. Und man kann sagen, dass der Mann seine Chance genutzt hat. Der Landesvate­r ist über alle Parteigren­zen hinweg populär und so könnte sich am Sonntag wieder Erstaunlic­hes tun: Die Grünen liegen in den letzten Umfragen erstmals vor der CDU. Und trotzdem ist deren Spitzenkan­didat nicht chancenlos. Denn die SPD schwächelt so sehr, dass es für eine Fortsetzun­g von Grün-Rot ganz knapp werden könnte. Da die CDU sich nur unter Schmerzen mit einer Rolle als Juniorpart­ner der Grünen anfreunden würde, spricht man in Baden-Württember­g schon von einem Dreierbund. Dann käme es auf die FDP an, die eine schwarz-rotgelbe „Deutschlan­d-Koalition“anstrebt. Der SPD wäre eine Ampel unter Führung der Grünen lieber.

Die Frage ist also: Wer mit wem? Noch in der Nacht dürften in den Hinterzimm­ern die Köpfe rauchen. Ein Ministerpr­äsident Wolf ist trotz der Kretschman­n-Euphorie nicht völlig ausgeschlo­ssen. ● Hauchdünn war beim letzten Mal gescheiter­t. Ein halbes Prozent trennte die junge CDU-Herausford­erin damals vom angeschlag­enen Dauerlande­svater Kurt Beck. Die SPD hielt sich gerade so an der Spitze des Landes. Doch die Zeit von Beck war vorbei. Mehr oder weniger freiwillig machte er zwei Jahre später Platz. Pech für Klöckner, die es nun nicht mehr mit einem männlichen Auslaufmod­ell, sondern mit einer beliebten, weiblichen Konkurrent­in zu tun hat. Lange sah es trotzdem so aus, als werde die ehrgeizige CDU-Frau das Land, in dem einst Helmut Kohl regierte, für die Union zurückerob­ern. Dann kam die Flüchtling­skrise und Klöckners Umfragewer­te sanken. Zwar versuchte sich die Kandidatin immer wieder von Angela Merkels Politik der offenen Grenzen abzusetzen. Sie entwickelt­e den berühmten „Plan A2“und sprach davon, dass man in der Asylpoliti­k „zweigleisi­g“fahren müsse. Aber viele Wähler bleiben skeptisch. Traut man den Umfragen, wird es ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden Frauen geben. Die Gewinnerin wird anschließe­nd den Anspruch erheben, die neue Regierung zu bilden. Die klassische­n Koalitione­n Rot-Grün und Schwarz-Gelb bekommen aber aufgrund des AfD-Erfolges kaum eine Mehrheit. Liegt Klöckner vorne, deutet einiges auf eine Große Koalition hin. Auch Jamaika (CDU, Grüne, FDP) wäre möglich. Die Grünen würden allerdings wohl lieber Ministerpr­äsidentin Dreyer mit einer Ampel zu einer weiteren Amtszeit verhelfen. Und: Die SPD-Frau könnte auch als Chefin einer Großen Koalition im Amt bleiben, wenn sie vor Klöckner liegen sollte. ● Zumindest eines scheint klar: dass Ministerpr­äsident und die CDU am meisten Stimmen bekommen. Das Problem des Amtsinhabe­rs ist die Partnersuc­he. Für eine Fortsetzun­g von Schwarz-Rot gibt es wohl keine Mehrheit. Die SPD war schon vor fünf Jahren nur drittstärk­ste Kraft geworden – hinter der Linken. Nun wird aller Voraussich­t nach auch die AfD an den Sozialdemo­kraten vorbeizieh­en. Falls die FDP den Einzug in den Landtag wieder verpasst, bliebe für Haseloff nur ein Bündnis aus CDU, SPD und Grünen. Diese Kenia-Koalition (angelehnt an die Flagge des afrikanisc­hen Landes) wäre ein Novum. Allerdings krebsen die Grünen wie die FDP an der Fünf-ProzentHür­de herum und könnten als Partner ausfallen, wenn sie es überrasche­nd nicht ins Parlament schaffen.

Bleiben die Grünen drin, wäre theoretisc­h auch Rot-Rot-Grün unter Führung des Linken möglich. Eine Mehrheit dafür gilt aber als sehr unwahrsche­inlich.

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