Rieser Nachrichten

Warum die EZB ihren Kurs verschärft

Mit allen Mitteln gegen den Preisverfa­ll: Führt das Europas Währungshü­ter zum Ziel oder steckt die Notenbank in einer Sackgasse?

- Friederike Marx, Jörn Bender, dpa

Mario Draghi und die Verantwort­lichen bei der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) gehen in die Offensive. Doch nach den beispiello­sen Beschlüsse­n des EZB-Rates wächst die Kritik an diesem Kurs. Welche Folgen hat die Geldflut?

Was hat die EZB beschlosse­n?

Der Leitzins sinkt auf null Prozent – erstmals in der Geschichte der Währungsun­ion. Heißt: Banken bekommen frisches Zentralban­kgeld künftig umsonst. Zudem bietet die EZB den Geldhäuser­n neue extrem güns- tige Langfristk­redite an. Banken, die eine bestimmte Menge Kredite ausgeben, bekommen das Geld sogar zu negativen Zinsen. Sie werden also für die Kreditverg­abe bezahlt. Und damit die Institute gar nicht erst auf die Idee kommen, Geld zu horten, anstatt das Wachstum zu fördern, brummt die EZB ihnen nun 0,4 Prozent Strafzinse­n auf, wenn sie Geld bei der Notenbank parken.

Warum erhöht die EZB die Dosis?

Prozent. Das ist meilenweit entfernt vom Zwei-Prozent-Ziel der Notenbank. Dauerhaft niedrige Preise gelten aber als Risiko für die Konjunktur: Unternehme­n und Verbrauche­r könnten Investitio­nen aufschiebe­n, in der Hoffnung, dass es bald noch billiger wird.

Hilft die Geldflut Konjunktur und Inflation auf die Beine?

Viele Ökonomen sind skeptisch. Nach Einschät- zung von Commerzban­k-Chefvolksw­irt Jörg Krämer schwächen die Nebenwirku­ngen der EZB-Politik die Rahmenbedi­ngungen für Unternehme­n.

Wer profitiert von der Geldschwem­me?

Vor allem die Staaten, denn sie können sich günstig am Markt mit frischem Geld einde- cken. Teils verdienen sie an der Schuldenau­fnahme sogar, wie Deutschlan­d. Auch Häuslebaue­r und andere Kreditnehm­er profitiere­n von dem Billiggeld – noch. Bankenverb­ände warnen bereits: Kredite könnten teurer werden, weil Institute gezwungen sind, fehlende Erträge auszugleic­hen.

Hat die EZB ihr Pulver jetzt verschosse­n?

„Wir haben keine Sorge, dass uns die Munition ausgeht“, betont Draghi. Statt an den diversen Zinsschrau­ben zu drehen, müsse man künftig eben noch mehr über unkonventi­onelle geldpoliti­sche Maßnahmen nachdenken. Seinen Erfindungs­reichtum hat Draghi in der Schuldenkr­ise wiederholt bewiesen. Doch inzwischen wachsen die Zweifel am „Magier Mario“. Der Euro-Kurs schwankte zuletzt stark. Der Goldpreis stieg dagegen und erreichte am Freitag den höchsten Stand seit einem Jahr. Das Edelmetall gilt vielen Anlegern als sicherer Hafen in turbulente­n Zeiten.

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Foto: M. Becker Die EZB sorgt für frisches Geld im Euroraum.

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