Der Vorhang zu und alle Fragen offen
Vor der bedeutsamen Begegnung mit Darmstadt 98 gibt der FC Augsburg Rätsel auf. Warum FCA-Trainer Weinzierl aus der Startaufstellung ein Geheimnis macht
Anfang der Woche hat der FC Augsburg die Schotten dicht gemacht. Der Sichtschutz rund um den Trainingsplatz erfüllte seinen Zweck ungenügend. Lange Zeit hatte das nichtöffentliche Training des FCA diese Bezeichnung nicht verdient. Wer wollte, konnte aus der Ferne beobachten, wer das Leibchen der Startelf trug. Jetzt umrahmt tiefgrüner Vorhang das Geviert nahe der Augsburger Arena, verwehrt gänzlich den Blick auf Rasen und Spieler.
Im Kampf um den Ligaverbleib verfolgt der Fußball-Bundesligist eine klare Linie, nur das Nötigste an Information dringt vor der bedeutsamen Begegnung mit Darmstadt 98 nach außen (Samstag, 15.30 Uhr). Statt einmal schloss der FCA in dieser Woche zweimal seine Zaungäste aus. Wer gegen Darmstadt auf dem frischverlegten Grün antritt, diese Neuigkeit will Trainer Markus Weinzierl bis ultimo hinauszögern. Bedeckt halten sich er und Verantwortliche, wenn sie einen aktuellen Stand über verletzte Spieler abgeben sollen. So bleibt rätselhaft, ob Hong, Klavan oder Bobadilla in der Startelf stehen. Über die Schwere ihrer muskulären Probleme und die Länge ihrer Pause schweigt sich der FCA aus. Man müsse keine genauen Diagnosen weitergeben, begründet der Klub schon mal knapp. Zumindest bei Torwart Hitz und Angreifer Finnbogason scheint ein Einsatz wahrscheinlich.
Weinzierl widerspricht der Vermutung, seine Geheimniskrämerei sei vor dem Spiel in Darmstadt tak- tisches Kalkül. Wegen der angeschlagenen Spieler sei es schwierig zu sagen, wer hundert Prozent fit sei, erläutert er. „Ich muss das Abschlusstraining abwarten und mit den einzelnen Spielern sprechen.“
Nach den anstrengenden Wochen und Spielen im Drei-Tage-Rhythmus nutzten die FCA-Spieler die vergangenen Tage, um Wehweh- chen auszukurieren und Kräfte zu sammeln. Sie werden sie brauchen. Neun Spieltage vor Saisonende hat sich die Lage im Kampf gegen den Abstieg zusehends verschärft. Punkte gegen direkte Konkurrenten sind in der Endphase der Saison unabdingbar. Zwei Zähler trennen punktgleiche Augsburger und Darmstädter vom Relegationsplatz, dem Verlierer droht der Absturz auf jenen Rang.
Äußerlich wirkt Trainer Weinzierl, 41, davon unbeeindruckt. Gewohnt gelassen, zugleich fokussiert. Sein Innenleben bleibt verborgen, als umgebe es der Sichtschutz des Trainingsplatzes. Eine besondere Belastung verspüre er nicht, betont er wie zum Beweis. Geradezu beiläufig sagt er: „Wir haben immer Druck.“
Ob Weinzierl im veralteten Darmstädter Stadion am Böllenfalltor an der Seitenlinie ähnlich ruhig bleiben kann, scheint indes fraglich. Darmstadts Kicker leben von Kampf. Und jener Leidenschaft, die ihre Fans besonders ausgeprägt vorleben. Da ist es umso erstaunlicher, dass die Darmstädter seit Ende September auf den zweiten Heimsieg warten. Wenn sie punkten, dann vornehmlich auswärts. Emotional wird die Begegnung schon vor Anpfiff werden. Während der Woche erschütterte die Darmstädter der Tod ihres treuen Fans Jonathan Heimes. Der 26-Jährige hat den Kampf gegen den Krebs verloren. Deutschlandweit bekannt geworden war er mit seiner Aktion „Du musst kämpfen“, mit der er zugunsten krebskranker Kinder Spenden im hohen sechsstelligen Bereich gesammelt hat.
„Johnny“Heimes, der mit Tennisspielerin Andrea Petkovic befreundet war, begleitete die „Lilien“beim Durchmarsch von der 3. in die 1. Liga. Sollten die 98er die Klasse halten, wollen sie den Erfolg ihrem Johnny widmen. Augsburger und Darmstädter werden mit Trauerflor auflaufen, vor der Begegnung wollen sie eine Minute innehalten. Daran merke man, wie unwichtig der Fußball sei, meint Weinzierl. Während des Spiels wird der Sport dennoch in den Vordergrund rücken.
Lage im Kampf gegen den Abstieg hat sich verschärft