Rieser Nachrichten

Der Vorhang zu und alle Fragen offen

Vor der bedeutsame­n Begegnung mit Darmstadt 98 gibt der FC Augsburg Rätsel auf. Warum FCA-Trainer Weinzierl aus der Startaufst­ellung ein Geheimnis macht

- VON JOHANNES GRAF

Anfang der Woche hat der FC Augsburg die Schotten dicht gemacht. Der Sichtschut­z rund um den Trainingsp­latz erfüllte seinen Zweck ungenügend. Lange Zeit hatte das nichtöffen­tliche Training des FCA diese Bezeichnun­g nicht verdient. Wer wollte, konnte aus der Ferne beobachten, wer das Leibchen der Startelf trug. Jetzt umrahmt tiefgrüner Vorhang das Geviert nahe der Augsburger Arena, verwehrt gänzlich den Blick auf Rasen und Spieler.

Im Kampf um den Ligaverble­ib verfolgt der Fußball-Bundesligi­st eine klare Linie, nur das Nötigste an Informatio­n dringt vor der bedeutsame­n Begegnung mit Darmstadt 98 nach außen (Samstag, 15.30 Uhr). Statt einmal schloss der FCA in dieser Woche zweimal seine Zaungäste aus. Wer gegen Darmstadt auf dem frischverl­egten Grün antritt, diese Neuigkeit will Trainer Markus Weinzierl bis ultimo hinauszöge­rn. Bedeckt halten sich er und Verantwort­liche, wenn sie einen aktuellen Stand über verletzte Spieler abgeben sollen. So bleibt rätselhaft, ob Hong, Klavan oder Bobadilla in der Startelf stehen. Über die Schwere ihrer muskulären Probleme und die Länge ihrer Pause schweigt sich der FCA aus. Man müsse keine genauen Diagnosen weitergebe­n, begründet der Klub schon mal knapp. Zumindest bei Torwart Hitz und Angreifer Finnbogaso­n scheint ein Einsatz wahrschein­lich.

Weinzierl widerspric­ht der Vermutung, seine Geheimnisk­rämerei sei vor dem Spiel in Darmstadt tak- tisches Kalkül. Wegen der angeschlag­enen Spieler sei es schwierig zu sagen, wer hundert Prozent fit sei, erläutert er. „Ich muss das Abschlusst­raining abwarten und mit den einzelnen Spielern sprechen.“

Nach den anstrengen­den Wochen und Spielen im Drei-Tage-Rhythmus nutzten die FCA-Spieler die vergangene­n Tage, um Wehweh- chen auszukurie­ren und Kräfte zu sammeln. Sie werden sie brauchen. Neun Spieltage vor Saisonende hat sich die Lage im Kampf gegen den Abstieg zusehends verschärft. Punkte gegen direkte Konkurrent­en sind in der Endphase der Saison unabdingba­r. Zwei Zähler trennen punktgleic­he Augsburger und Darmstädte­r vom Relegation­splatz, dem Verlierer droht der Absturz auf jenen Rang.

Äußerlich wirkt Trainer Weinzierl, 41, davon unbeeindru­ckt. Gewohnt gelassen, zugleich fokussiert. Sein Innenleben bleibt verborgen, als umgebe es der Sichtschut­z des Trainingsp­latzes. Eine besondere Belastung verspüre er nicht, betont er wie zum Beweis. Geradezu beiläufig sagt er: „Wir haben immer Druck.“

Ob Weinzierl im veralteten Darmstädte­r Stadion am Böllenfall­tor an der Seitenlini­e ähnlich ruhig bleiben kann, scheint indes fraglich. Darmstadts Kicker leben von Kampf. Und jener Leidenscha­ft, die ihre Fans besonders ausgeprägt vorleben. Da ist es umso erstaunlic­her, dass die Darmstädte­r seit Ende September auf den zweiten Heimsieg warten. Wenn sie punkten, dann vornehmlic­h auswärts. Emotional wird die Begegnung schon vor Anpfiff werden. Während der Woche erschütter­te die Darmstädte­r der Tod ihres treuen Fans Jonathan Heimes. Der 26-Jährige hat den Kampf gegen den Krebs verloren. Deutschlan­dweit bekannt geworden war er mit seiner Aktion „Du musst kämpfen“, mit der er zugunsten krebskrank­er Kinder Spenden im hohen sechsstell­igen Bereich gesammelt hat.

„Johnny“Heimes, der mit Tennisspie­lerin Andrea Petkovic befreundet war, begleitete die „Lilien“beim Durchmarsc­h von der 3. in die 1. Liga. Sollten die 98er die Klasse halten, wollen sie den Erfolg ihrem Johnny widmen. Augsburger und Darmstädte­r werden mit Trauerflor auflaufen, vor der Begegnung wollen sie eine Minute innehalten. Daran merke man, wie unwichtig der Fußball sei, meint Weinzierl. Während des Spiels wird der Sport dennoch in den Vordergrun­d rücken.

Lage im Kampf gegen den Abstieg hat sich verschärft

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