Städteserie: Der Trainermörder von Palermo
Wir setzen unsere Reihe städtetouristischer Einstiege in die Randbemerkung mit einer italienischen Perle fort. Nach Oslo (Biathlon-WM) und Amsterdam (Guardiola-Ausflug) wenden wir uns heute Palermo zu. Zugegeben, die Blütezeit der Stadt liegt 800 Jahre zurück. Geblieben ist davon Staub und eine Altstadt mit engen, dunklen Gassen. Schon Goethe hat sich hier verlaufen und empfohlen, auf den Hauptstraßen zu bleiben.
Wer dagegen die Abgeschiedenheit für Geheimverhandlungen, Spielertransfers oder andere Formen modernen Menschenhandels sucht, ist in Palermo gut aufgehoben. Hier hat der Geschäftstreibende seine Ruhe vor Biathleten, und nie hätte ein Journalist den Handlungsreisenden Guardiola auf seiner geheimen Mission im Labyrinth der Gassen aufgespürt. Nicht einmal die Mafia interessiert sich in Palermo noch für Zugereiste. Wenn ihre Killer meucheln, dann sich gegenseitig.
Wirklich gefährlich ist die Stadt nur für Trainer des Fußball-Erstligisten US Palermo – sofern sie einen längeren Aufenthalt und eine berufliche Perspektive im Auge haben. Nirgendwo endet beides abrupter als in der sizilianischen Hafenstadt. In den vergangenen 13 Jahren sind weltrekordverdächtige 31 Trainer vorzeitig entlassen worden. Das geht mitunter so schnell, dass der Bedauernswerte noch nicht einmal seinen Kabinenspind eingeräumt hat, schon ist er wieder entlassen.
Giuseppe Iachini hat es diese Woche nach nur drei Partien erwischt, was selbst für Palermo bemerkenswert ist. Iachini hatte sich zwei Niederlagen und ein Unentschieden zuschulden kommen lassen – arrivederci Giuseppe! So sprach Signore Zamparini, der Padrone des Klubs. Ein Unternehmer, der im Stile der Corleones regiert. „L’ammazza allenatori“, den Trainermörder, nennen ihn die Italiener. Natürlich ist Maurizio Zamparini keine Zierde für Palermo und vermutlich würde der Tourismusverband den Trainermörder gerne gegen den Steuerbetrüger Hoeneß eintauschen. Aber Hoeneß kann nicht kommen. Er muss beim FC Bayern zwei verlorene Jahre aufholen.
Was Palermo momentan dringender benötigt ist ein Trainer. Einen, dem auch kein noch so kurzes Engagement zu kurz ist. Damit scheidet Roger Schmidt aus. Möglich, dass der Bayer-Coach bald die Gelegenheit erhält, sich beruflich zu verändern. Andererseits müssten wir dann unsere Städtereihe mit Leverkusen fortsetzen – was niemand ernsthaft wollen kann.