Ein gutes Ergebnis, aber . . .
Die etwas gedämpfte Freude macht deutlich: Die deutschen Frauen hatten sich im Staffelwettbewerb mehr als Bronze erhofft. Aber ausgerechnet für Laura Dahlmeier lief es nicht so gut wie in den vergangenen Tagen
Da saßen sie auf dem Podium, die deutschen Biathletinnen. Rechts außen. In der Mitte die Norwegerinnen in goldenen Jacken. Ganz links die Französinnen. Ein Blick in die Gesichter reichte, um den Rennverlauf zu erzählen.
Das norwegische Quartett kam aus dem Strahlen nicht mehr heraus. Jedes dritte Wort: „happy“. Einigermaßen überraschend hatten die Gastgeberinnen Gold gewonnen und das Stadion am Holmenkollen zum Beben gebracht.
Eher indifferent waren die Reaktionen der anderen acht Damen. Während die Französinnen sich noch einigermaßen zufriedengaben, sprachen die Gesichter der Deutschen Bände. Bronze war nicht das, was sie sich erhofft hatten.
Das sagte natürlich niemand in dieser Deutlichkeit. Stattdessen war die Rede von einem guten Ergebnis, mit dem man sehr gut leben könne. „Es ist immer etwas Besonderes, bei einer WM eine Medaille zu gewinnen“, formulierte es Franziska Hildebrand diplomatisch. Franziska Preuß, deren Stock während des Rennens gebrochen war, sagte, angesichts der starken Konkurrenz könne man schnell auch ganz aus den Medaillenrängen fallen. „Deshalb sind wir froh über Bronze.“
Laura Dahlmeier wiederum gab sich selbstkritisch: „Alles in allem können wir zufrieden sein. Jeder hat alles gegeben. Bei mir ging es heute läuferisch leider nicht ganz so gut, ich habe die Belastungen der vergangenen Tage gemerkt.“
Die gestrige Staffel war das vierte Rennen der 22-Jährigen bei dieser WM, in allen vieren hat sie eine Medaille gewonnen. Diese Erfolge haben allerdings auch Schattenseiten, denn sie kosten wertvolle Zeit. Nach den Rennen folgt die kleine Siegerehrung im Stadion, danach ein Interview-Marathon und um 20 Uhr steht die große Siegerehrung im Zentrum von Oslo an. Erst dort bekommen die Sportler die Medaillen umgehängt.
Dazwischen: Hektik. Duschen, umziehen, essen. Eine optimale Regeneration sieht anders aus.
Bisher hatte Dahlmeier diesen Stress gut verkraftet. Gestern allerdings machten sich erste Verschleißerscheinungen bemerkbar. Die Schlussläuferin des deutschen Quartetts lief die mit Abstand langsamste Zeit und konnte die vorauseilenden Marie Dorin-Habert und Marte Olsbu nicht mehr angreifen. „Im ersten Moment war es natürlich sehr schade, dass ich auf der Schlussrunde keine Chance mehr hatte. Ich bin jetzt aber einfach müde“, sagte sie knapp eine Stunde nach dem Rennen. „Ich hatte noch nicht einmal Zeit, mich umzuziehen.“
So richtig zufrieden wirkte aus dem deutschen Team nur Maren Hammerschmidt. Für sie war die gestrige Bronze die erste WM-Me- daille überhaupt. „Das ist der Wahnsinn, brutal“, schwärmte sie. „Endlich habe ich auch eine Medaille, die ich an die Wand hängen kann.“Dabei hatte sie am Schießstand durchaus Nerven gezeigt und zwei Nachlader gebraucht.
Daran lag es gestern aber nicht, dass die deutsche Staffel ihren WMTitel aus dem Vorjahr nicht wiederholen konnte. 28 Sekunden fehlten auf die siegreichen Norwegerinnen, 23 auf Frankreich.
Heute haben die deutschen Biathletinnen frei. Das Tagesprogramm wird übersichtlich sein. Auslaufen, Gymnastik, ausruhen. Am Sonntag steht der abschließende Massenstart auf dem Programm. „Da wollen wir noch mal alles versuchen“, kündigte Hildebrand gestern kämpferisch an. Kein Wunder: Im Gegensatz zu Dahlmeier hatte sie bei dieser Weltmeisterschaft noch nicht allzu viel Medaillenstress.
MEDAILLENSPIEGEL