Ein Bauer, der jedes Jahr großen Applaus erntet
Werner Kunzmann gibt derzeit zum letzten Mal den Bauer Daniel
Heute Abend und morgen Vormittag derbleckt er zum letzten Mal auf dem Megesheimer Starkbieranstich – Werner Kunzmann war als „Bauer Daniel“zwölf Jahre lang Kultfigur. Jetzt hört er auf. Warum? „Wenn es einen Grund dafür gäbe, wäre es schon zu spät“, formuliert er sein Prinzip, große Erfolgen zu beenden, bevor sie bröckeln könnten. Das galt auch für das Akkordeonorchester, das er ab 1989 in Megesheim aufbaute, das im ganzen Ries Säle begeisterter Zuschauer füllte und mit dem er nach zwölf Jahren aufhörte. Die Erfolgsgeschichte des Bauer Daniel begann lange, bevor die Rolle des pfiffigen Bauern am Gartenzaun geboren war: 1976 zog der heute 66-jährige Kunzmann, der von 1972 ab 39 Jahre lang Lehrer an der Grund- und Mittelschule Oettingen war, mit seiner Frau Marlene nach Megesheim. Er war fasziniert vom Faschingsbrauch, auf einem Bulldog-Anhänger ein Missgeschick darzustellen, das sich im Dorf ereignet hatte. Da machte er mit, sein Ressort waren die Texttafeln an den Vehikeln. Es wurden immer mehr Bulldogs und Kunzmann brachte für die Zuschauer ein Blatt heraus, das die Szenen erläuterte. Daraus wurde der „Rupfer“, eine Faschingszeitung, die bald so vor Dorf-Anekdoten überquoll, dass er zusätzliche Geschichten bei seinen Kehraus-Reden auf der berühmten Obstkiste im Gasthaus Trollmann vortrug, das jedes Mal aus den Nähten platzte. Schon damals nahm er kein Blatt vor den Mund: „Da machte ich mir wenig Freunde.“
So kam man 2005 fast zwangsläu- fig auf ihn, als die Leute von der „Kraterkultur“einen Derblecker zum Starkbieranstich suchten. Ronald Hummel (richtig, den Autor dieses Artikels) gewannen sie als Ghostwriter; ein Journalist mit Überblick über den ganzen Landkreis schien ihnen ideal. „Was machen wir, wenn nur 50 Leute kommen?“, fragte man sich beim ersten Treffen noch – drei Tage später la- gen 800 Bestellungen für die 350 Karten vor. Bald musste man eine zweite und eine dritte Vorstellung in der Dorfhalle anbieten. Kunzmann bezeichnet es als „gutes Quartett“, was den Leuten so gefällt: „Die Starkbierrede, die Megesheimer Dorfmusik, das Zusatzprogramm wie der Binser oder Maxi Schaffroth und das zünftige Essen und Trinken.“Die Rolle des Bauer Daniel sei von Anfang an richtig angelegt gewesen und hatte sich zu einem ganz eigenen Charakter entwickelt, dem der Ghostwriter die Texte förmlich auf den Leib schrieb. Die Mitglieder der Kraterkultur brachten Dorf– anekdoten aus dem ganzen Ries in Erfahrung, dazu kamen „offizielle“Themen aus Städten und Kreis, gewürzt mit passend eingefügten Witzen. „Politik ist beim Derblecken natürlich unerlässlich“, so Kunzmann.
Angesichts des StellvertreterStreits im Nördlinger Stadtrat schickt er seinen Knecht als Stellvertreter vor – als ein Mann aus dem Publikum energisch dagegen protestiert, merkt das Publikum nicht, dass auch er zu Kunzmann gehört. Als die Volksparteien einbrechen und kleine Parteien Aufwind bekommen, gründet er die Bauer-Daniel-Partei (BDP), die laut Saalumfrage aus dem Stand 98 Prozent Wählerstimmen einheimst. Im Jahr darauf stürzt von Guttenberg über die Plagiatsäffäre und Bauer Daniel wird mitgerissen - er hat einen Witz verwendet, den schon jemand kannte. Höhepunkt war die Geschichte mit Georg Schmid, der am Sonntagmorgen jemanden aus dem Bett klingelte und bedrohte, weil dieser ihn tags zuvor „Schüttelschorsch“genannt hatte. Dies mit Methoden einer Geheimpolizei zu vergleichen, war bewusst ein Schritt über die Grenze. Doch lieber zu weit gehen, als in angebrachter Kritik zurückzubleiben, das war eine der Zutaten zum riesigen Erfolg von Werner Kunzmann, der sich freut, wenn er im Biergarten hört: „Guck mal, da kommt der Bauer Daniel“– so volkstümlich ist er in der Rolle schon geworden.