Rieser Nachrichten

Der erste Schritt zum Abschied vom Kluftinger?

Volker Klüpfel und Michael Kobr über das Leben mit ihrem Kommissar – und über die Bedeutung ihres ersten Romans ohne ihn

- Zum Beispiel? Interview: Wolfgang Schütz

Volker Klüpfel, Michael Kobr: In der ersten Reihe sieht man Meer Droemer, 320 S., 19,99 ¤ – als

mit

bei Hörbuch Hamburg

Und dabei hatten wir diesen Traum gar nicht. Erst nachdem auch der vierte Kluftinger ein Erfolg war, haben wir angefangen, überhaupt an so etwas zu denken. Und jetzt leben wir tatsächlic­h so. Schon Wahnsinn. Bewusst wird einem das schon auch immer wieder. Manchmal zum Beispiel kurz vor einer Lesung, noch hinterm Vorhang, wenn da draußen 500 Leute wegen uns da sind, weil sie gelesen haben, was wir geschriebe­n haben. Da schauen wir uns schon an und können es kaum glauben. Ansonsten aber ist das natürlich auch ein Arbeitsleb­en, halt ein anderes.

Kein Chef, nur noch ein Kollege und morgens nicht mehr raus zur Arbeit und weit weg – es ist ein anderes Leben. Aber dafür sind wir jetzt halt anders getaktet. Nicht nur, weil wir vom Schreibtis­ch zu Hause aus arbeiten, wo wir uns jeden Morgen um 9.30 Uhr am Bildschirm besprechen. Wir haben ja schon die ersten Termine für Lesungen im Jahr 2018. Auf diesen Reisen und zu Verlagsges­prächen und zu Presseterm­inen – drei Monate im Jahr sind wir zusammenge­nommen mindestens unterwegs. Und im Herbst kommt ja dann auch der neue Kluftinger…

Und wir haben ja beide Seiten dieser Freiheit – wir tragen ja auch das volle Risiko.

Aber nach den Erfolgen mit den bisherigen acht Büchern der Reihe müsste da doch einiger Spielraum sein?

Solange der Kluftinger weiterhin läuft, ja. Das ist der Job. Und den wollen wir nicht einfach immer bloß fortsetzen. Wir haben immer versucht, uns neu zu erfinden – und dabei macht man dann eben auch mal seine Fehler.

Das große Show-Konzept, unsere „Lit-Comedy“– die war ein Fehler. Das hat einfach nicht zu uns gepasst. Darum haben wir das wieder deutlich zurückgesc­hraubt. Bald werden unsere Auftritte auch einfach wieder nur „Lesungen“heißen.

Sie haben auch schon mal durchblick­en lassen, dass der zehnte Kluftinger ohnehin der letzte sein könnte.

Zehn ist doch eine schöne runde Zahl. Etwas Besonderes muss uns da mindestens einfallen.

Bislang ist die Figur für uns immer lebendig geblieben. Aber es kann ja tatsächlic­h sein, dass sie für uns irgendwann mal auserzählt ist.

Seit einem Jahr scheint es, als wollten Sie schon mal austesten, was sonst noch geht. Zuerst stilistisc­h, ein reines Theaterstü­ck noch mit dem Kluftinger, jetzt inhaltlich, mit „In der ersten Reihe sieht man Meer“, dem ersten Roman ohne den Kommissar.

So ist es. Das hatten wir auch schon in unseren letzten Vertrag, der über drei Bücher lief, aufnehmen lassen: dass das letzte davon kein Kluftinger wird. Die Idee der Erinnerung an den Familienur­laub der Achtziger habe ich schon länger mit mir herumgetra­gen. Aber zuerst hatte ich nur so eine Art „Generation Adria“im Kopf, wie „Generation Golf“, einen Rückblick, gespickt mit all den Ikonen von damals. Aber das wäre kein Roman gewesen. Das hat auch den Michi nicht überzeugt.

Im Buch jetzt entsteht der Rückblick erst im Traum eines Mannes, der heute als Familienva­ter genau zu dem aufbricht, was er damals als Kind erlebt hat. Das Heute spiegelt sich im Damals, der Vergleich erzählt einiges über beides – der entscheide­nde Kniff?

Der Volker und ich sind immer schon begeistert­e Hobby-Soziologen. Wir schauen uns gerne die Menschen in ihrer Zeit an, um zu er-

Und das wären wir doch auch wirklich! Es ist ja fast unvorstell­bar für uns, wie umfassend man damals einfach mal weg war – ohne Nachrichte­n, eigentlich unerreichb­ar. Und die Zeit dehnte sich wie von selbst zu einer erholsamen Entschleun­igung, die wir uns heute verzweifel­t künstlich zu verordnen versuchen. Ich mache zwar heute selber mit meiner Familie mit einem Wohnmobil Urlaub, bewusst ohne Fernseher, und achte auch zu Hause auf einen vernünftig­en Umgang meiner Kinder mit all den Medien – aber so was ist kaum noch möglich. Klüpfel: Auch darin spiegelt die Gesellscha­ft ihre Zeit. Und das bringt dann eben auch die Gelegenhei­t zu Pointen wie der, dass der penible Vater damals seinem Sohn prophezeit, wegen seiner fehlenden Ordnung könne nie was aus ihm werden. Aber vielleicht gerade darum ist der dann erfolgreic­h geworden. Die Werte haben sich geändert.

Eine Spiegelung aber hat aktuell so etwas wie einen Sprung bekommen. Als

Schon ziemlich. Da sind wir ja auch eitel. Und es wird darüber entscheide­n, wie viele solcher Buchideen ohne unseren Kluftinger wir in Zukunft realisiere­n werden.

Gibt es denn bereits Ideen für weitere Nicht-Kluftinger-Romane?

Nein. Vielleicht ProjektIde­en. Aber das steht alles noch auf tönernen Füßen.

Ein Tipp: Nach dem geglückten Versuch mit dem Theaterstü­ck – hat es mit Drehbücher­n und Fernsehen zu tun?

Nicht in der Form, wie wir’s schon mal versucht haben, als wir ein Treatment für die Verfilmung eines unserer Bücher geschriebe­n haben. Das müsste viel freier sein. Aber es gibt da ja tatsächlic­h gerade eine sehr interessan­te Entwicklun­g, die aus Amerika kommt. Die vielen erfolgreic­hen Fernsehser­ien dort bauen viel mehr auf dem Autorenpri­nzip auf. Und eine der Autorinnen hat hat neulich den sehr interessan­ten Satz gesagt: Ein Film ist wie eine Kurzgeschi­chte, eine Serie aber ist wie ein Roman.

Und wir schauen manche dieser Serien mit Begeisteru­ng, aber natürlich auch ein wenig mit analytisch­em Blick. Was da an Erzählform­en alles möglich ist! An Entwicklun­g der Figuren! Aber zunächst mal wird wahrschein­lich im nächsten Frühjahr Volkers erster Lyrikband erscheinen. Mit Heimatgedi­chten! (beide lachen schallend) Der Kemptener Volker Klüpfel und der Memminger Michael Kobr beim Fotoshooti­ng für das neue Buch am Strand. Da geht’s an die sommerheiß­e Adria – die Aufnahmen aber entstanden auf der frühlingsk­ühlen Insel Sylt. Foto:

David Maupile

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