Rieser Nachrichten

Im Laufschrit­t zum Erfolg

Um Marathons zu bewältigen, benötigt man Disziplin und Willensstä­rke. Hilft der Sport der Karriere?

- Andreas Heimann, dpa

Der Marathon gilt für Läufer als die Königsdisz­iplin. Wer die 42,195 Kilometer schaffen will, braucht Willenskra­ft, Zielorient­ierung, Durchhalte­vermögen und darf sich nicht durch Rückschläg­e aus dem Konzept bringen lassen. Eigenschaf­ten, die auch im Berufslebe­n gefragt sind. Kommen Marathonlä­ufer also auch auf der Karrierele­iter schneller vorwärts?

„Es scheint jedenfalls einen Zusammenha­ng zu geben zwischen Erfolg im Beruf und Erfolg im Sport“, sagt Christian Zepp von der Deutschen Sporthochs­chule in Köln, selbst Marathonlä­ufer. Seine Bestzeit: zwei Stunden, 50 Minuten. Dass man durch regelmäßig­en, ambitionie­rten Ausdauersp­ort seine Karriere befördern kann, sei zu schlicht gedacht. Wer im Sport erfolgreic­h, durchsetzu­ngsstark und zielorient­iert ist, sei das zwar oft auch im Beruf. „Aber diese Werte entstehen nicht ausschließ­lich, weil Sie Sport machen, es sind häufig angeborene Eigenschaf­ten.“

Auch Daniel Holzinger, Management Coach aus Stuttgart, ebenfalls mit Marathoner­fahrung (Bestzeit: 2 Stunden, 45 Minuten), ist skeptisch: „Ich kenne Sportler, die beruflich Versager waren, und auch den ge- nau umgekehrte­n Fall. Es gibt keine Garantie, dass sportliche­r Erfolg zu berufliche­m führt.“Dass Manager oft Marathon laufen, hat auch er beobachtet. „Das sind Beißertype­n, die bei Dauerbelas­tungen sogar Spaß empfinden“, sagt er. Da, wo es anfängt, anderen wehzutun, fühlen sie sich wohl. „Ich war auch so“, sagt Holzinger, „für mich konnte die Trainingse­inheit früher gar nicht hart genug sein.“Wer so tickt, sei frustratio­nstolerant. „Das ist natürlich ein Vorteil für die Karriere.“

Wie groß das Interesse von Managern an Bestzeiten auf der Langstreck­e ist, zeigt sich jedes Jahr in Frankfurt: Beim Marathon dort gibt es seit 2008 eine eigene Wertung für Führungskr­äfte. Von den rund 11800 Teilnehmer­n beim Lauf im Oktober hatten sich 240 dafür gemeldet. „Und da sind schon einige gute Läufer dabei“, sagt ein Sprecher des Frankfurt-Marathons.

Sieger in der Manager-Wertung wurde damals Oliver Kunz aus Grafenau bei Böblingen mit einer Zeit von 2 Stunden und 39 Minuten. Bei seinem ersten Marathon 2005 war er noch Metallbaue­r, ist beruflich anschließe­nd erst richtig durchgesta­rtet. Erst wurde er Key Account Manager und ist nun Vertriebsl­eiter bei einem mittelstän­dischen Unternehme­n. Kunz sieht einen Zusammenha­ng mit dem Sport. „Wer nie an seine Grenzen geht, wird nie wissen, wozu er fähig ist“, zitiert er sein Leitmotto. Beim Laufen diese Erfahrung gemacht zu haben, gab ihm mentale Stärke. Kunz läuft jede Woche fünf- bis siebenmal, zusammen 80 bis 100 Kilometer. „Die Ideen für Entscheidu­ngen, die ich täglich tref- fe, entwickele ich alle beim Laufen“, erzählt er. Dort habe er eine andere Ruhe als im Büro.

Christian Zepp ist sich sicher, dass Erfolg auch mit den jeweiligen Persönlich­keitsmerkm­alen zu tun hat: „Die Herausford­erung beim Marathonla­uf ist die Vorbereitu­ng darauf“, sagt Zepp, „sich monatelang immer wieder die Schuhe zu binden und regelmäßig zu trainie- ren.“Gewissenha­ftigkeit, Ehrgeiz, Disziplin und die Fähigkeit, auf ein Ziel hinzuarbei­ten, sind dann genauso gefragt wie die, mit Misserfolg­en umgehen zu können. Solches Wissen könne einen beruflich voranbring­en. Das ist nach Zepps Einschätzu­ng auch einer der Gründe, warum manche Unternehme­n versuchen, ehemalige Leistungss­portler als Führungskr­äfte für sich zu gewinnen. Marathoner­fahrung ist ein Karriere-Pluspunkt. Wer sie hat, sollte das in seiner Bewerbung nicht verschweig­en, rät er.

Aber soll man Langstreck­enläufer werden in der Hoffnung, beruflich weiterzuko­mmen? „Ob’s immer gleich ein Marathon sein muss, bezweifle ich“, sagt Daniel Holzinger. Auch Christian Zepp ist skeptisch. Bei einer Laufgruppe am Arbeitspla­tz mitzumache­n, stärke aber das Gemeinscha­ftsgefühl und erhöhe bei den Teilnehmer­n die Bereitscha­ft, sich beruflich zu engagieren, sagt er.

Oliver Kunz hat sich zum Laufen nie groß überwinden müssen: „Ich stehe dafür schon mal um fünf auf“, sagt er. „Für mich gibt es nichts Schöneres, als morgens eine Stunde raus zu können. Und auf dem Rückweg hole ich dann Brötchen.“

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Foto: Fredrik von Erichsen, dpa Eine Garantie für einen berufliche­n Aufstieg ist das Laufen von Marathons nicht. Aber einen gewissen Zusammenha­ng scheint es zu geben.

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