Wieder trifft der Terror Frankreich
Attentäter rast mit Lastwagen in feiernde Menge an der Strandpromenade von Nizza. Mindestens 84 Menschen sterben, darunter auch drei Deutsche. Das Motiv des Tunesiers ist unklar. Innenminister prüft Konsequenzen für Bayern
Zum dritten Mal innerhalb von anderthalb Jahren wird Frankreich von einem Terroranschlag erschüttert. In Nizza raste am Donnerstagabend ein 31-jähriger Mann mit einem Lastwagen in eine Menschenmenge. Der Tunesier riss mindestens 84 Menschen in den Tod, darunter viele Frauen und zehn Kinder und Jugendliche. Mehr als 200 Menschen wurden verletzt. 52 Personen schwebten am Freitagabend noch in Lebensgefahr.
Auf dem Promenade des Anglais hatten sich gegen 22.30 Uhr etwa 30 000 Menschen versammelt. Viele wollten dort das traditionelle Feuerwerk zum französischen Nationalfeiertag schauen. Kurz nach dessen Ende durchbrach der Lastwagen die Absperrungen auf der berühmten Uferstraße. Nach Angaben der Behörden kam der Attentäter mit seinem 19-Tonner etwa zwei Kilometer weit, ehe er von der Polizei erschossen wurde.
Unter den Todesopfern sind viele Frauen und mindestens zehn Kinder und Jugendliche. Auch zwei Schüler und eine Lehrerin einer Berliner Gemeinschaftsschule kamen ums Leben, ein weiterer Schüler liegt schwer verletzt im Krankenhaus.
Bei dem Täter handelt es sich um Mohamed Lahouaiej-Bouhlel. Das geht aus den Papieren hervor, die im Lkw gefunden wurden. Der Mann, der aus Tunesien stammt, lebte seit 2005 in Nizza. Den französischen Geheimdiensten war er nicht bekannt. Er sei nicht als Islamist oder möglicher Gefährder geführt worden, sagte Staatsanwalt François Molins. „Die Art des Vor- gehens entspricht aber weitestgehend den Mordaufrufen terroristischer Organisationen in Zeitschriften und Videos.“Ein Bekennerschreiben gebe es bislang nicht.
Seine Nachbarn beschrieben Lahouaiej-Bouhlel als schweigsam, gewalttätig und als Einzelgänger. Der junge Mann, der als Lieferant arbeitete, beging seit 2010 zahlreiche Straftaten. Erst im März war er un- ter anderem wegen Bedrohung, Diebstahls und Sachbeschädigung zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Aufschlüsse über sein Motiv erhoffen sich die Ermittler von zahlreichen Dokumenten, die in seiner Wohnung sichergestellt wurden. Auch die ExFrau des Mannes wurde verhört.
Präsident François Hollande kün- digte eine dreitägige Staatstrauer an. „Ganz Frankreich ist vom islamistischen Terrorismus bedroht“, sagte der Staatschef, der nach einem Krisentreffen in Paris gegen Mittag vor Ort eintraf. „Es ist klar, dass wir alles tun müssen, um die terroristische Plage zu bekämpfen.“Er kündigte an, die Aktionen in Syrien und im Irak gegen die Terrormiliz Islamischer Staat zu verstärken. Das Attentat löste weltweit Entsetzen aus. Aus vielen Ländern kamen Solidaritätsbekundungen. Kanzlerin Angela Merkel appellierte, über alle Grenzen hinweg im Engagement gegen „blinden Fanatismus“zusammenzustehen. US-Präsident Barack Obama sagte: „Wir stehen in Solidarität und Partnerschaft an der Seite Frankreichs.“
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann kündigte an, das Sicherheitskonzept für das Oktoberfest in München nochmals zu überprüfen. Zwar gehöre das Durchbrechen von Sperren mit Lastwagen schon seit Jahren zu denkbaren Anschlagsszenarien, gegen die man sich gewappnet habe, sagte der CSU-Politiker. Das Ganze müsse aber nun „sicherlich noch einmal neu überdacht werden“.