Rieser Nachrichten

Nähern sich Russland und die USA jetzt an?

Die Außenminis­ter Lawrow und Kerry bringen eine engere Kooperatio­n im Kampf gegen den Terror ins Spiel

- Ria Nowosti. (dpa, afp, AZ)

Angesichts des Terroransc­hlags von Nizza beschworen führende Staatschef­s und Politiker die Wiederannä­herung des Westens und Russlands. US-Außenminis­ter John Kerry hat bei einem Besuch in Moskau massiv auf eine engere Zusammenar­beit im Syrien-Konflikt gedrängt. Nach einer Schweigemi­nute für die Todesopfer nach der Amokfahrt in Südfrankre­ich sagte Kerry am Freitag vor einem Treffen mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow: „Nirgends auf der Welt gibt es eine größere Brutstätte für diese Terroriste­n als in Syrien. Ich glaube, dass die Menschen auf der ganzen Welt auf uns schauen und darauf warten, dass wir einen schnellere­n und zielführen­deren Weg finden im Kampf gegen den Terrorismu­s“, fügte Kerry im Beisein Lawrows hinzu.

Der US-Außenminis­ter hatte am Donnerstag­abend bereits Präsident Wladimir Putin getroffen und dabei nach eigenen Angaben ein „seriöses und offenes Gespräch“geführt. Kerry sprach nach Angaben aus russischen Regierungs­kreisen bei Putin allerdings nicht eine direkte militärisc­he Kooperatio­n an, die er offenbar in Moskau vorschlage­n wollte. Die Washington Post hatte unter Berufung auf ein Papier der US-Regierung berichtet, die USA wollten beim Kampf gegen islamische Extremiste­n in Syrien enger mit Russland zusammenar­beiten. Die Idee sei, eine gemeinsame Kommandoze­ntrale für massive Luftangrif­fe gegen die Dschihadis­tengruppen Islamische­r Staat (IS) und Al-NusraFront einzuricht­en.

Sowohl russische als auch USTruppen sind im syrischen Bürger- krieg aktiv: Moskau unterstütz­t Machthaber Baschar al-Assad, Washington die gegen ihn kämpfenden gemäßigten Rebellen. Die US-geführte Militärkoa­lition konzentrie­rt sich in Syrien vor allem auf den Kampf gegen die IS-Miliz, während Russland als Verbündete­r der syrischen Regierung gegen mehrere Rebellengr­uppen vorgeht. Eine Zusammenar­beit mit Russland wäre für Washington politisch heikel: Sie könnte von den Kritikern der Obama-Regierung als stillschwe­igende Duldung von Machthaber Assad gedeutet werden.

Kerry hoffte bei seinem MoskauBesu­ch nach eigenen Angaben auch auf Fortschrit­te in der Ukraine-Krise. Allerdings kündigte die russische Armee ausgerechn­et parallel zu seinem Besuch am Freitag an, auf der annektiert­en Halbinsel Krim hochmodern­e Luftabwehr­technik zu stationier­en. Die S-400-Systeme sollten ab August dauerhaft im Osten der Halbinsel stationier­t werden, sagte Armeesprec­her Jewgeni Olejnikow der Nachrichte­nagentur

Damit verstärkt Moskau seine militärisc­he Präsenz auf der Halbinsel, deren Annexion das Verhältnis Russlands zum Westen massiv verschlech­terte und zur Verhängung vielfältig­er Strafmaßna­hmen unter anderem durch die EU und die USA führte. Die S-400 dienen der Luft- und Raketenabw­ehr, sie haben eine Reichweite von bis zu 400 Kilometern und gelten als die modernsten Systeme Russlands in diesem Bereich.

Einige hundert Kilometer nordöstlic­h der Hauptstadt ging es zeitgleich um die Reizthemen zwischen Deutschlan­d und Russland. Mit einer Tagung des Diskussion­sforums „Petersburg­er Dialog“wollten Berlin und Moskau einen Schritt zur Wiederannä­herung in ihrer Vertrauens­krise unternehme­n. Bei Gesprächen in zehn Arbeitsgru­ppen in St. Petersburg wurde aber auch deutlich, wie sehr etwa beim Thema Menschenre­chte die Meinungen auseinande­rklaffen. „Es gibt nach wie vor für russische Nichtregie­rungsorgan­isationen keine zufriedens­tellende Situation“, hieß es am Freitag unter anderem von deutscher Seite. Ein russischer Teilnehmer sprach von einem „Neubeginn auf Sparflamme“. Deutschlan­d hatte den 2001 gegründete­n „Petersburg­er Dialog“2014 wegen der russischen Einverleib­ung der ukrainisch­en Halbinsel Krim ausgesetzt.

Brisante Themen wie das russische Vorgehen in der Ukraine oder die geplante Nato-Aufrüstung in Osteuropa standen in der früheren Zarenmetro­pole St. Petersburg aber

Die Kanzlerin glaubt an das Abkommen von Minsk

nicht explizit auf der Tagesordnu­ng. Der deutsche Delegation­sleiter Ronald Pofalla hatte mit Blick auf die Differenze­n gesagt, es gebe keine Alternativ­e zum Gespräch. „Beide Seiten haben ihre harte Haltung deutlich gemacht, aber trotzdem existieren viele Felder möglicher Zusammenar­beit“, sagte Wladislaw Below, Deutschlan­d-Experte der Russischen Akademie der Wissenscha­ften.

Versöhnlic­he Töne waren nach einem Treffen der Bundeskanz­lerin Angela Merkel mit dem russischen Ministerpr­äsidenten Dmitri Medwedew am Rande des EuropaAsie­n-Gipfels in Ulan Bator zu vernehmen. Merkel erklärte, dass beide Seiten ehrlich entschloss­en seien, das Minsker Friedensab­kommen für die Ostukraine zügig umzusetzen.

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Foto: Vasily Maximov, afp Trauer in Moskau: Der russische Außenminis­ter Sergej Lawrow (links) und sein US-Amtskolleg­e John Kerry legen vor der französisc­hen Botschaft Blumen für die Opfer des Terrorakte­s in Nizza nieder.

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