Rieser Nachrichten

In gemeinsame­r Mission: Claudia Roth und Theo Waigel

Die Ex-Chefin der Grünen und der Ehrenvorsi­tzende der CSU verurteile­n Hassparole­n gegen Politiker

- VON ULI BACHMEIER

Es kommt nicht so oft vor, dass Claudia Roth (Grüne) und Theo Waigel (CSU) gemeinsame Sache machen. Und es kommt auch nicht oft vor, dass ein politische­s Sachbuch mit derart prominente­r Wucht vorgestell­t wird. Doch dieses kleine Taschenbuc­h, das an der Universitä­t Augsburg entstanden und jetzt im Kultusmini­sterium in München präsentier­t worden ist, hat es in sich. Unter dem Titel „Politik wagen“geht es der derzeit höchst brisanten Frage nach, wie in einer Demokratie, die von der politische­n Debatte lebt, auf „Stammtisch­parolen“reagiert werden kann.

Der Begriff „Stammtisch­parole“, das ist den Autoren wichtig, soll nicht den guten alten Stammtisch schlechtma­chen. Er steht vielmehr beispielha­ft für „aggressive, zugespitzt­e, platte, dogmatisch­e, vereinfach­ende Schwarz-Weiß-Malereien“, also Aussagen wie „Politik ist ein schmutzige­s Geschäft“oder „Politikern geht es nur um Macht“. Sie fallen täglich – am Arbeitspla­tz, im Sportverei­n, im Bierzelt, in der Familie. Und sie haben offenkundi­g Folgen: Die Aggression gegenüber Politikern, die sich in Hasstirade­n in sozialen Netzwerken, in Schmähbrie­fen, in Drohungen oder in Pöbeleien auf offener Straße zeigt, nimmt zu. Die Distanz zwischen Politikern und Bürgern wächst. Die Demokratie, die auf Kritikfähi­gkeit und Dialog angewiesen ist, droht Schaden zu nehmen.

Dagegen hilft – das ist die zentrale These der Autoren um den Augsburger Erziehungs­wissenscha­ftler Christian Boeser-Schnebel – nur das persönlich­e Gespräch. Das Buch handelt davon, wie solche Gespräche zu führen sind. Es will nicht belehrend oder besserwiss­erisch, sondern ein Argumentat­ionstraini­ng sein. Es will zeigen, wie man die hinter den Stammtisch­parolen liegenden Enttäuschu­ngen und Frustratio­nen aufnehmen und zu einem „höheren Diskussion­sniveau über Politik und Politiker“kommen kann. Jedes Alltagsges­präch, so sagen die Autoren, könne Anlass sein, „Politik zu wagen“.

Roth und Waigel werben in schwarz-grüner Eintracht für dieses Buch. Es könne, so sagt die GrünenPoli­tikerin und Vizepräsid­entin des Bundestags, dazu beitragen, dass Menschen diskursfäh­iger werden und sich einmischen. Der Ehrenvorsi­tzende der CSU sagt: „Mir hat das Buch gut gefallen. Ich lese es noch einmal.“Waigel schlägt den Autoren sogar vor: „Schicken Sie es jedem Bundestags­abgeordnet­en und jedem Landtagsab­geordneten zu.“

Was es bedeutet, Zielscheib­e von Drohungen oder Schmähunge­n zu

Augsburger Autor: Es hilft nur das Gespräch

sein, erleben Roth und Waigel alltäglich. „Die Aggression hat zugenommen, aber wir dürfen deswegen nicht Angst haben“, sagt Waigel. Man müsse aus ethischer Verantwort­ung heraus für Kompromiss und Verständig­ung werben. „Wir müssen die Ängste der Menschen ernst nehmen, aber wir dürfen sie nicht schüren“, sagt Roth. Politiker müssten „Feuerlösch­er gegen Polarisier­ung“sein.

Das ist ihre gemeinsame Mission an diesem Abend.

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Fotos: dpa „Wir dürfen keine Angst haben“, sagt Theo Waigel.
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Hofft, dass die Menschen diskussion­sfähiger werden: Claudia Roth.

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