Garnelen frisch aus Bayern
Die Meerestiere sind beliebt. Doch die Zuchtanlagen stehen oft in der Kritik. Wie sich zwei Unternehmer etablieren wollen
Hinter der Tür warten die Tropen, zumindest klimatisch: Das Wasser ist mit 29 Grad so warm wie in Äquatornähe, die Lufttemperatur liegt bei 30 Grad und die Luftfeuchtigkeit bei schweißtreibenden 70 Prozent. Doch statt immergrüner Mangrovenwälder stehen in der Halle von „Crusta Nova“in Langenpreising bei München acht nüchterne schwarze Wassertanks. In ihnen wimmelt es von Garnelen, typische Bewohner des tropischen Küsten-Ökosystems. Zwei junge Unternehmer mit Bio-Anspruch züchten die Meeresfrüchte nun auch in Bayern – und versprechen umweltschonend und artgerecht aufgezogene frische Garnelen.
Was für viele Verbraucher erstmal nach einer Selbstverständlichkeit klingt, war lange Zeit die Ausnahme von der Regel: Vielen Zuchtanlagen in Asien und Mittelamerika bescheinigten Umweltschützer eine katastrophale Umweltbilanz, auch die sozialen Folgen sind bis heute teils verheerend. Der Einsatz von Antibiotika und anderen Chemikalien, versalzenes Grundwasser, abgeholzte Mangrovenwälder und damit einhergehend der Verlust von Artenvielfalt und Küstenschutz sowie sklavenartige Zustände auf den Fischfutter-Kuttern sind nur einige Stichworte, die den Verzehr von Garnelen in Verruf gebracht haben.
Philipp Kanstinger, Seafood-Experte der Umweltschutzorganisation WWF, relativiert. „Die Garnelenzucht in Asien wurde in den letzten zehn Jahren extrem professionalisiert. Man kann die Situation, die wir jetzt haben, nicht mit der Anfang der 2000er Jahre vergleichen.“Nichtsdestotrotz betont auch er: „Doch es gibt immer noch die schwarzen Schafe.“Gerade in den Zuchtgebieten außerhalb Thailands laufe noch vieles schief. Lobesworte findet er hingegen für das bayerische Projekt. Das sei „vom ökologischen Standpunkt sehr begrüßenswert“. Es ist allerdings nicht die erste und nicht die einzige Garnelenzucht in Deutschland, so gibt es etwa Farmen bei Hamburg und im mecklenburg-vorpommerschen Grevesmühlen.
In Abgrenzung zu den umstrittenen, meist wochenlang tiefgekühlten Importen nennen Fabian Riedel, 33, und Maximilian Assmann, 35, ihre Garnelen ganz bewusst „Good Gamba“. Zwar gibt es derzeit noch keine Bio-Richtlinie für Aquakultur-Kreislaufanlagen, doch im Herbst soll die Zertifizierung starten. Am Ende soll es dann das BioSiegel geben für die bayerischen White Tiger Prawns. Riedel und Assmann haben ein ausgeklügeltes technisches System entwickelt, das Tierwohl und Umweltschutz vereinbare. Die „Großstadtfischer“aus Langenpreising sehen daher gute Geschäftschancen, zumal auch die Wildbestände immer leerer gefischt werden. „Garnelen sind weltweit das wichtigste Seafood, vom Wert her und von der Beliebtheit her“, betont Riedel. Auch die Deutschen greifen gerne zu Garnelen, Shrimps und Krabben: „Das ist ein Wachstumsmarkt. Zwischen 2013 und 2015 ist der Absatz um fünf Prozent gewachsen“, berichtet Wolfgang Adlwarth vom Nürnberger Marktforschungsunternehmen GfK. Rund 30 Prozent aller Privathaushalte hätten im vergangenen Jahr Garnelen & Co. gekauft – und dafür rund 210 Millionen Euro ausgegeben.