Die Tour im Schatten des Terrors
Die Organisatoren der Frankreich-Rundfahrt haben nur kurz über eine Absage nachgedacht, dann rollte der Tross weiter. Mit noch mehr Polizei-Begleitung als bisher
Die Stimmung ist gedrückt, schrille Musik dröhnt entgegen den üblichen Gepflogenheiten diesmal nicht aus den Boxen. Stattdessen patrouillieren schwer bewaffnete Polizisten mit kugelsicheren Westen entlang der Strecke. Der verheerende Terroranschlag in Nizza hat auch 220 Kilometer weiter nordwestlich bei der Tour de France auf der 13. Etappe zwischen BourgSaint-Andéol und La Caverne du Pont-d’Arc in der Region Ardèche seine Auswirkungen hinterlassen. Die Räder stehen im Tross der Frankreich-Rundfahrt zwar nicht still, die Heiterkeit wie etwa am Vortag auf dem Mont Ventoux ist allerdings gewichen.
Kurzzeitig hatte die Tour-Organisation über eine Absage nachgedacht, dieses Szenario aber wieder verworfen. „Wir wollen diesen Tag nutzen, um die Opfer zu würdigen. . Wir wollen nicht dem Druck der Menschen nachgeben, die unsere Lebensweise ändern wollen“, sagte Tourchef Christian Prudhomme nach einem Krisentreffen mit der Polizei, den Behörden und den regionalen Veranstaltern.
Dafür wurde das Sicherheitsaufkommen weiter erhöht. Rund 600 Sicherheits-Spezialkräfte waren für die Etappe mobilisiert. Mit Blick auf die Terrorgefahr hatten die französischen Behörden die Vorkehrungen schon im Vorfeld erhöht. 23 000 Polizisten und Gendarmen sind während der Rundfahrt im Einsatz, darunter auch erstmals Mitglieder der Spezialeinheit GIGN. So auch in Ardèche. Bevor der erste Fahrer auf die Strecke ging, wurde auf dem Podium eine Schweigeminute abgehalten. Dann hieß es „Business as usual“– allerdings in abgeschwächter Form. Alle Festivitäten am Rande der Rundfahrt wurden zurückgefahren. Die Werbekarawane passierte diesmal lautlos die Strecke. „Das Herz der Tour schlägt für Nizza“, war auf der Homepage der Rundfahrt zu lesen.
Die Ereignisse von Nizza, wo am Donnerstag 84 Menschen durch eine Lastwagen-Attacke ums Leben gekommen waren, schwirrt auch in den Köpfen vieler Fahrer. „Die Gedanken sind bei denen, die von dem schrecklichen Terroranschlag betroffen sind“, schrieb Spitzenreiter Chris Froome beim Kurznachrichtendienst Twitter.
Das erste Einzelzeitfahren der 103. Tour gewann gestern Tom Dumoulin. Der Niederländer fuhr auf der 37,5 Kilometer langen Strecke zwischen Bourg-Saint-Andéol und Caverne du Pont D’Arc mit 50:15 Minuten die schnellste Zeit. Chris Froome wurde in 51:18 Minuten Zweiter, baute seinen Vorsprung im Gesamtklassement aber deutlich aus. Der Brite sorgte damit für eine Vorentscheidung. Tony Martin dagegen verpasste den angestrebten Sieg mit einer Zeit von 52:20 Minuten klar. Am Ende war er nach Rang neun bitter enttäuscht.
Tony Martin nur Neunter im Einzelzeitfahren