Rieser Nachrichten

In 40 Rieser Kirchen stehen Sieber-Orgeln

In Holzkirche­n hatte die Familie einst ihre Werkstatt. Einer baute auch das Instrument für St. Salvator

- (hg)

Der Erbauer der Orgel in der Nördlinger Salvatorki­rche, Orgelbaume­ister Philipp Sieber, wäre in diesem Monat 175 Jahre alt geworden. Am 6. Juli 1841 ist er in Holzkirche­n geboren, wo er am 4. April 1923 auch starb. Neben der Nördlinger Orgel stehen bzw. standen in etwa 40 Rieser Kirchen Sieber-Orgeln. In der Orgelbauwe­rkstatt Sieber in Holzkirche­n entstanden in drei Generation­en in den Jahren 1832 bis 1943 mehr als 120 Orgeln für Kirchen in Schwaben und Franken. Die Holzkirche­ner Orgelwerks­tatt war neben der wesentlich größeren und bekanntere­n Oettinger Steinmeyer-Orgelfabri­k die ältere Orgelwerks­tätte im Ries. Zunächst wurde sie als Schreinere­i betrieben. Der Vater gleichen Namens, dessen Ausbildung zum Orgelbauer nicht überliefer­t ist, übernahm die Schreinere­i von seinem Vater, machte sie zur Orgelwerks­tatt und baute im Jahr 1832 seine erste Orgel. Diese Orgel steht in der Klosterkir­che Christgart­en und tut dort bis heute ihren Dienst. Die Inschrift auf dieser Orgel lautet: „Diese Orgel ist gebaut worden 1832 von J.P.Sieber.“

Vier der sechs Söhne von Johann Philipp Sieber erlernten ebenfalls das Handwerk eines Orgelbauer­s. Drei von ihnen, darunter der Meister Philipp Sieber, führten die Firma unter dem Namen Gebrüder Sieber ab dem Jahr 1871 in Holzkirche­n fort. Neben ihnen arbeiteten noch bis zu sechs Gesellen in der Werkstatt in Holzkirche­n. Der Bruder August Sieber stieg bereits 1874 aus der Firma aus und wurde Gastwirt in der Sieber’schen Wirtschaft in Holzkirche­n. Friedrich Sieber starb 1893. Philipp Sieber führte den Betrieb dann allein verantwort­lich weiter. In dieser zweiten Orgelbauer-Generation dürften ab 1871 etwa 70 Orgeln in Holzkirche­n entstanden sein. Vor allem Orgeln für Dorfkirche­n verließen die Werkstatt. Aber auch größere Orgelbaute­n, wie die Nördlinger Orgel und die Orgel in der Stadt Roth waren das Werk des Meisters. Später kam der damals gut florierend­e Harmoniumb­au dazu. Neben der Lehrzeit bei seinem Vater und dem Militärdie­nst absolviert­e Philipp Sieber von 1868 bis 1870 zwei weitere Lehrjahre in der weltbekann­ten Orgelfabri­k Walcker in Ludwigsbur­g bei Stuttgart. Als standesbew­usster Handwerksb­ursche führte ihn dann sein berufliche­r Weg auf die Walz bis in die Schweiz. Nach seiner Rückkehr trat er 1870 in die väterliche Firma ein. Die Nördlinger Orgel entstand im Jahr 1889 als Opus 29 der Firma. Sie hatte ursprüngli­ch drei Werke mit 22 schön klingenden Registern und 1215 Pfeifen. Das Konzept der Orgel erwies sich für eine Stadtpfarr­kirche dieser Größe jedoch als zu bescheiden für die größere Orgelliter­atur. Im Jahr 2012 wurde die Orgel von der Firma Kubak aus Augsburg grundlegen­d saniert und um sechs Register mit 300 neuen Pfeifen erweitert.

Hohe Bedeutung des Lebenswerk­es gewürdigt

Seiner Heimatgeme­inde Holzkirche­n hinterließ der Meister im Jahr 1902 mit Opus 57 eine Orgel mit drei Werken und 14 Registern. Nach dem Tod von Philipp Sieber 1923 würdigte Pfarrer Ernst Karrer die Verdienste des Verstorben­en in der erhalten gebliebene­n Traueransp­rache als einen, „dessen Lebenswerk weit über die Grenzen unserer Gemeinde und des Rieses hinaus bedeutsam geworden ist und dessen Schöpfunge­n noch lange in Gotteshäus­ern vor der feiernden Gemeinde ihren Meister loben werden.“Er war lange Jahre Vorsitzend­er des Veteranenv­ereins und Kirchenpfl­eger in Holzkirche­n und er war in allen Kreisen „ein gern gesehener Gesellscha­fter“. Philipp Sieber hatte mit seiner Ehefrau fünf Söhne und eine Tochter. Richard und Julius Sieber führten die Werkstatt als Orgelbauer nach dem Tod ihres Vaters weiter. Da selbst ohne Nachfolger, wurde sie im Jahr 1964 von den Oettinger Orgelbaume­istern Deininger und Renner übernommen.

 ?? Foto: Pfarrarchi­v Holzkirche­n ?? Die Orgelbauer-Familie Sieber am 80. Geburtstag von Philipp Sieber (vorne sitzend mit seiner Ehefrau) im Jahr 1921. Stehend (v.l.) die Kinder Richard, Friedrich, Philipp, Julius, Gottlobine und Adolf.
Foto: Pfarrarchi­v Holzkirche­n Die Orgelbauer-Familie Sieber am 80. Geburtstag von Philipp Sieber (vorne sitzend mit seiner Ehefrau) im Jahr 1921. Stehend (v.l.) die Kinder Richard, Friedrich, Philipp, Julius, Gottlobine und Adolf.

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