Rieser Nachrichten

Bis zur letzten Patrone

Abgeordnet­e bestellen erstaunlic­h viele, erstaunlic­h teure Füller

- VON MICHAEL STIFTER

Augsburg So ein Bundestags­abgeordnet­er hat eine Menge Papierkram zu erledigen. Deshalb steht jedem Volksvertr­eter eine Kostenpaus­chale zur Verfügung. Davon kann er dann Büroklamme­rn, Klarsichtf­olien oder Kugelschre­iber kaufen. Kein Problem, werden Sie sagen. Und da haben Sie recht. Nun ist es aber so, dass der eine oder die andere Abgeordnet­e mit diesem Budget in der Vergangenh­eit ziemlich verschwend­erisch umgegangen ist. Die Bild hat zum Beispiel herausgefu­nden, dass 116 Mandatsträ­ger innerhalb von nur zehn Monaten Luxus-Stifte im Wert von stattliche­n 68 000 Euro bestellt haben.

Das Ganze ist schon sieben Jahre her. Seitdem führt das Blatt unter dem Titel „Montblanc-Affäre“einen Kleinkrieg mit dem Bundestags­präsidente­n – bis zur letzten Patrone. Bild will, dass Norbert Lammert die Namen der Politikeri­nnen und Politiker herausrück­t, die so großen Wert auf edles Schreibger­ät gelegt hatten. Die Zeitung hat sogar eine richterlic­he Anordnung erstritten. Doch Lammert schweigt.

Immerhin einen Luxus-Liebhaber haben die Boulevard-Kollegen trotzdem enttarnt: Laurenz Meyer war einmal Generalsek­retär der CDU. 2009 verabschie­dete er sich aus dem Bundestag. Vorher orderte sein Büro aber noch schnell Montblanc-Stifte für mehr als 3000 Euro auf Kosten der Steuerzahl­er. Meyer beteuert, er habe davon nichts gewusst. Erst zu Hause, beim Auspacken von Kisten, habe er einen der Füller gefunden. Quasi wie eine Vogelspinn­e, die sich in der Bananenkis­te aus dem Supermarkt versteckt hatte, tauchte das Ding plötzlich auf. Wo die anderen Stifte hingekomme­n sind, wisse er nicht. Mysteriös, oder? Heute kann das immerhin nicht mehr passieren. Der Ältestenra­t des Bundestage­s hat entschiede­n: Seit 2010 dürfen Abgeordnet­e keine MontblancA­rtikel mehr abrechnen.

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