Was Rieser zu Feiertagen auftischten
In der letzten Folge zu Ess- und Trinkgewohnheiten auf dem Land geht es um weitere spezielle Anlässe
Nördlingen „Essa ond Trinka hält Leib ond Seel z’am!“Das galt vor allem an Fest- und Feiertagen, die der Rieser zu feiern wusste, weltliche und kirchliche, persönliche und solche im Jahreslauf.
Über die Kirchweih und die Hochzeit war in der letzten Folge zu lesen. Heute folgen die letzten Anlässe für ein ausgiebiges Mahl. ● Die Taufe Schon 1644 prangerten die Landesherren von Oettingen und Wallerstein die „übermäßigen Mahlzeiten bey den Kindtaufen“an. Der „gemeine Mann“solle lieber sparen und nicht großartige Gastungen geben. Karl Hagl, ein Rieser Lehrer und Heimatdichter, schreibt in seinem Buch „In meiner Heimat“(1926) über die Taufe beim Moar: „Schon zwei Tage vorher roch es in der Nachbarschaft des Meierhofes nach ‚ebbas Guats’, und die Schuljugend schnupperte wie Jagdhunde, wenn sie an der offenen Haustür vorbei musste. Da wurden Küchle gemacht, jedes einzelne ein Gedicht, die beim Taufkaffee der Bäckerin zur Ehre gereichten! Vom reinsten ‚Rauszug-Mehl’ sind sie entstanden, von einer Größe, Feinheit, Zartheit, wie sie nur als Meisterstücke hervorgehen konnten, nicht aus der Hand, sondern über dem Knie der Großmutter.“
Oft wurden Tauffeste zu Dorffesten, nämlich dann, wenn ein Stammhalter zur Kirche getragen wurde und von den ledigen Burschen „d’Dääf a’gschossa wora isch“. Die bekamen dann auch etwas Backwerk vom Taufschmaus. ● Konfirmation und Kommunion Erst in den letzten drei Jahrzehnten gab man nun auch im Ries alt überliefertes Brauchtum auf, wenn es darum ging, junge Menschen ins Leben zu entlassen. Auch hier standen Essen und Trinken nach der kirchlichen Handlung im Mittelpunkt. Nicht selten bekam das halbe Dorf etwas von den vorbereiteten Genüssen ab! Lehrer und Pfarrer, der Organist und die Mesnerin, Nachbarn und Verwandte wurden bedacht mit bis zu zwölf Küchle, einem großen Stück von der Bauerntorte, Kranz und anderer Kuchen.
Auch die Bläser durften nach der Musikprobe für die Konfirmation zum „Fechten“gehen und kamen nie mit leeren Händen zurück. Ansonsten ähnelte das Mittagessen dem der sonstigen Hochfeste. Nachmittags besuchten sich die Konfirmanden gegenseitig „zom Gschenkergschoba“und bekamen jeweils von den Gastgebern oft erstmals ein Glas Wein (Mädchen) oder Bier (Buben). Lehrer und Pfarrer hatten sich an diesem Tag durchzukämpfen, besonders dann, wenn mehrere Kinder konfirmiert wurden. ● Leichentrunk Selbst am Ende seines Lebens setzt der Rieser noch einen letzten festlichen Markstein, den Leichentrunk. Oft kamen Verwandte übers Land und durften ja nicht hungrig nach Hause geschickt werden! Deshalb gab es nach der Beerdigung noch ein Essen für die Familie selbst, Verwandte und gute Bekannte, die Musikanten und die Leichenträger. Kaffee und „süße Stücke“vom Bäcker, einen Aufschnitt oder gar, wie in manchen Dörfern heute noch üblich, Bratwürste oder einen Braten, wurden da aufgetischt. Wie weggewischt sind da dann schon Schmerz und Trauer, wenn die Wirtsstube voll ist vom Gewirr der Stimmen, wenn Vetter und Bas sich wieder einmal treffen, um das „Nuischte“auszutauschen. Aber eine Rieser Weisheit meint: „Was hilft dia scheascht Leicht, wa’ma selber da Doata macha muaß?“