Anleger sind im Goldrausch
Preis Das Edelmetall gilt als Krisenwährung. Seit Jahresanfang steigt die Nachfrage stetig. Was steckt hinter dem Boom?
Frankfurt/Main Die Not vieler Anleger ist groß: Klassische Sparanlagen werfen wegen der Zinsflaute kaum noch etwas ab, bei Staatsanleihen müssen Investoren zum Teil sogar drauflegen. Gold steht daher hoch im Kurs – auch weil das Edelmetall als sicherer Hafen in unruhigen Zeiten gilt. Das Interesse der Investoren ist so groß wie nie zuvor, das treibt den Preis in die Höhe.
„Der Goldpreis ist ein Fieberthermometer und die Temperatur ist derzeit hoch“, sagt Commerzbank-Experte Eugen Weinberg. Aus seiner Sicht ist das Edelmetall bei Investoren derzeit vor allem als sicherer Hafen beliebt – auch wenn es keine Zinsen abwirft. Sorgen um die Konjunkturentwicklung Chinas, das Brexit-Votum, die Präsidentschaftswahlen in den USA, Krisenherde wie der Nahe Osten oder der Konflikt zwischen China und den Philippinen im südchinesischen Meer sorgten für Unruhe.
Weinberg rechnet damit, dass der Preis langfristig weiter steigt. Derzeit müssen Käufer für eine Feinunze (31,1 Gramm) etwa 1340 Dollar hinblättern. Zu Jahresanfang waren es noch rund 1075 Dollar. Selbst der sonst in den Sommermonaten häufige Preisrückgang ist bisher ausgeblieben. Anleger haben verschiedene Möglichkeiten: Sie können Münzen und Goldbarren kaufen, aber auch Wertpapiere, die die Entwicklung des Goldpreises nachbilden, zum Beispiel Zertifikate.
Die Deutsche Börse berichtet von boomender Nachfrage nach sogenannten Xetra-Gold-Anleihen, dabei wird für jeden Anteilschein ein Gramm des glänzenden Edelmetalls hinterlegt. 90,67 Tonnen Gold lagern inzwischen in den Tresoren in Frankfurt – gut 50 Prozent mehr als zu Jahresbeginn.
Weltweit kauften Investoren nach Angaben des World Gold Council (WGC) im ersten Halbjahr 1064 Tonnen des Edelmetalls – das entsprach knapp der Hälfte der globalen Nachfrage. Für den Rest stehen Schmuckhersteller und Industrie. Der Goldminenlobby zufolge war die Nachfrage der Investoren sogar um 16 Prozent höher als in der ersten Jahreshälfte 2009. Nach dem Ausbruch der Finanzkrise waren Anleger scharenweise in Gold geflüchtet. Auch die Schmuckbranche in Deutschland profitiert nach Angaben des Bundesverbandes der Juweliere, Schmuck- und Uhrenfachgeschäfte (BVJ) von der Entwicklung. „Wir stellen aktuell eine steigende Nachfrage nach echtem Gold- und Platinschmuck fest“, sagt BVJ-Geschäftsführer Joachim Dünkelmann. Langfristig steigende Preise können aber zum Problem werden, wenn Hersteller und Handel sie an Kunden weitergeben.
Nach Angaben des World Gold Council sackte die Nachfrage der Schmuckindustrie weltweit bereits im ersten Halbjahr auf den niedrigsten Stand seit 2010. Vor allem in preissensiblen Märkten wie Indien hielten sich die Verbraucher zurück. Das Land ist der zweitgrößte Goldimporteur der Welt. Fast jede Familie hat für schlechte Tage vorgesorgt und verkauft Ketten oder Ringe im Notfall. Aber „die Verbraucher sind besonders auf der Hut, was die Preisentwicklung anbelangt“, erläutert der WGC.