Günstige Mätresse
Seine berühmte „Dame mit Hermelin“wurde vom polnischen Staat zu einem Schnäppchen-Preis erworben
Der polnische Staat hat zu einem vergleichsweise geringfügigen Preis die bedeutende CzartoryskiKunstsammlung gekauft, zu der – wie gestern in dieser Zeitung kurz berichtet – auch das weltberühmte Gemälde „Dame mit Hermelin“von Leonardo da Vinci zählt. Die Czartoryski-Sammlung umfasst neben Werken der bildenden Kunst auch 86 000 Museumsobjekte und 250000 Bücher und Handschriften. Sie soll künftig möglichst vollständig im Nationalmuseum von Krakau zu sehen sein. Kulturminister Piotr Glinski nannte öffentlich einen Kaufpreis von 100 Millionen Euro – obwohl der Wert aller Kunstwerke auf zwei Milliarden Euro geschätzt wird. „Wir haben die Sammlung für fünf Prozent ihres geschätzten Wertes erworben“, bestätigte Piotr Glinski am Freitag im polnischen Fernsehen.
Aus Protest gegen den Verkauf der Sammlung trat der Vorstand der Czartoryski-Stiftung geschlossen zurück. In ihrer Obhut befand sich bislang die Kollektion. Der private Eigentümer, Fürst Adam Karol Czartoryski, 76, erklärte zu Verkauf beziehungsweise Schenkung: „Ich will das Werk meiner Vorfahren zum Wohle Polens fortsetzen.“In der Adelsrepublik Polen vor 500 Jahren gehörten die Czartoryski zu den einflussreichsten Fürstengeschlechtern. Sie kauften die „Dame mit Hermelin“im Jahre 1800.
Die rechtskonservative Regierung in Warschau bemüht sich seit ihrem Amtsantritt 2015 um eine Aufwertung der polnischen Nationalkultur. Leonardo da Vincis „Dame mit Hermelin“aus dem Jahr 1490 ist eines von nur vier erhaltenen und als gesichert geltenden Frauenporträts des italienischen Renaissance-Malers und Universalgelehrten. Es zeigt Cecilia Gallerani, eine berühmte Mätresse des Mailänder Fürsten Ludovico Sforza, dessen Spitzname einst „weißer Hermelin“lautete. Im Zweiten Weltkrieg raubten die Nationalsozialisten das Gemälde, das den Eigentümern aber nach 1945 zurückgegeben wurde.
Würde die „Dame mit Hermelin“auf dem aktuellen Auktionsmarkt frei angeboten, so würde sie wohl weit mehr einbringen als den jetzigen Verkaufspreis der gesamten Czartoryski-Sammlung. Der Versicherungswert des nur 55 mal 40 Zentimeter großen Gemäldes wird auf rund 350 Millionen Euro angesetzt.