Rieser Nachrichten

Metzgerfam­ilie seit Jahrhunder­ten

1636 kam Matthäus Hülsenbeck nach Nördlingen. Und legte den Grundstein für eine lange Tradition

- VON FRANZISKA WOLFINGER

Der Name Hülsenbeck ist in Nördlingen seit Jahrhunder­ten mit Wurst- und Fleischwar­en verbunden. Genau genommen seit 1636. In diesem Jahr zog Matthäus Hülsenbeck von Giengen an der Brenz nach Nördlingen. Der zu diesem Zeitpunkt 22-Jährige hatte von seinem Vater das Metzgerhan­dwerk gelernt und es dann auch in seiner neuen Heimatstad­t weitergefü­hrt. Heute betreibt Hans Hülsenbeck in zehnter Generation nach seinem Vorfahren eine Metzgerei in Nördlingen.

Rückschau: Am 9. Dezember 1636 leistete Matthäus Hülsenbeck den Bürgereid und bezahlte die Bürgerrech­tsgebühr von 20 Gulden. Im Jahr darauf heiratete er die Metzgerswi­twe Maria Zinkh und übernahm wohl das Geschäft von ihrem erstem Mann. Doch Matthäus Hülsenbeck war nicht nur Metzger. Als Posthalter war es seine Hauptaufga­be, ausreichen­d Pferde bereit zu halten für die Boten, die aus den umliegende­n Städten nach Nördlingen kamen. Zum Beispiel aus Augsburg, Ansbach, Ulm oder Rothenburg. Die Boten aus Wemding, Oettingen, Alerheim oder Maihingen hatten da eine wesentlich kürzere Anreise.

Im Dreißigjäh­rigen Krieg dann, nach der Schlacht bei Nördlingen, musste Matthäus Hülsenbeck selbst Nachrichte­n überbringe­n, wie er 1692 in einem Bericht über sein Leben schreibt. Als die Stadt belagert wurde, sei er zusammen mit dem Nördlinger Bürgermeis­ter ins Hauptquart­ier der feindliche­n Armeen bei Löpsingen geritten. Dort hätten sie mit dem General Duc d’Enghien verhandelt. Auch schwedisch­en Generälen überbracht­e Hülsenbeck Briefe. Sein Weg führte ihn bis ins „Frankenlan­d nach Windsheim“. Dafür habe der pflichtbew­usste Kurier den Generälen „die Brieff selber in die Hand gegeben und mit ihnen geredt“. Er habe sich von ihnen versichern lassen, dass dem belagerten Nördlingen tatsächlic­h geholfen werde, schrieb Hülsenbeck. 1701 starb er im Alter von 86 Jahren.

Zu den kulinarisc­hen Spezialitä­einige ten Nördlingen­s, die jeder Besucher probieren sollte, gehören die typischen Mess- beziehungs­weise Stabenwürs­te – je nach dem, zu welchem Volksfest sie gerade angeboten werden. Hans Hülsenbeck erzählt: „Mein Großvater Johann war der erste, der die Messwürstc­hen in der Form hergestell­t hat, wie sie heute sind, also mit so feinem Brät und nicht vorgegart.“Denn zunächst seien die Bratwürste auch in Nördlingen gröber gewesen, wie beispielsw­eise die Nürnberger Rostbratwü­rstchen. Erst um die Jahrhunder­twende sei es technisch möglich geworden, das Fleisch in den sogenannte­n Kuttern so fein zu zerkleiner­n, erklärt Hans Hülsenbeck, der bis heute die Metzgerei in der Deininger Straße führt.

Dass er der Familientr­adition folgte und das Geschäft des Vaters übernehme, sei immer klar gewesen, sagt Hülsenbeck. Als einziger Sohn habe es eigentlich keine andere Option gegeben. Bereut habe er das aber nie, sagt der 68-Jährige. Inzwischen habe er einen Metzgermei­ster angestellt, der ihm bei der Arbeit im Geschäft hilft. Hülsenbeck hat sein ganzes Leben in Nördlingen verbracht hat. In jungen Jahren hätte es ihn zwar gereizt, zumindest vorübergeh­end das Zuhause zu verlassen. Doch der Vater war dagegen. Daheim gab es schließlic­h genug Arbeit. Von den beiden Kindern Hans Hülsenbeck­s wollte jedoch keines Metzger werden. „In der Branche hat sich in den vergangene­n Jahrzehnte­n aber auch viel verändert “, sagt Hülsenbeck.

Ganze 28 Metzgereie­n habe es in Nördlingen gegeben als er 1964 mit der Ausbildung anfing. Heute seien es noch etwas mehr als eine Handvoll. Bis auf weiteres wird auch die Metzgerei Hülsenbeck noch dazugehöre­n.

 ?? Foto: Franziska Wolfinger ?? Hans Hülsenbeck vor seinem Laden in der Deininger Straße. Er hat seine Metzgeraus­bildung im Laden des Vaters gemacht und das Geschäft später übernommen.
Foto: Franziska Wolfinger Hans Hülsenbeck vor seinem Laden in der Deininger Straße. Er hat seine Metzgeraus­bildung im Laden des Vaters gemacht und das Geschäft später übernommen.

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