Als Panzer durchs Berger Tor fuhren
Harald Degen erinnert sich an die Besetzung durch die Amerikaner
Ob Coca Cola, Google oder Apple: Der amerikanische Einfluss zeigt sich auch im deutschen Alltag immer stärker. Dass Nördlingen aber nicht nur durch alltägliche Konsumgüter und Weltnachrichten mit den USA verbunden ist, sondern auch einen kleinen Teil gemeinsame Vergangenheit besitzt, ist nicht jedem so präsent. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Nördlingen Teil der Amerikanischen Besatzungszone und am 23. April 1945 kampflos an amerikanische Truppen übergeben.
Auch der gebürtige Nördlinger Harald Degen erinnert sich noch gut an diese Zeit: „Ich weiß noch, wie die Amerikaner zum Berger Tor eingefahren sind und ich so das erste mal einen Panzer gesehen habe.“Er erzählt, wie seine Freunde und er sich fasziniert herangeschlichen hätten, bis sie die drei, vier großen, metallenen Panzer, die mit ihren langen Zielrohren herumschwenkten, aus der Nähe hätten betrachten können. Eigentlich sei das gar nicht erlaubt gewesen aber die „Go home! Go home!“Rufe von einem der begleitenden Lkw-Fahrer habe natürlich niemand verstanden. Erst nach der Aufforderung „Ihr. Gehen nach Hause.“seien sie weggerannt. „Bis zur nächsten Hausecke“, fügt Degen mit einem verschmitzten Grinsen hinzu. „Dann haben wir von da aus weiter zugeschaut.“Das beeindruckendste überhaupt sei allerdings das Verhalten der Amerikaner gewesen. Wie diese so locker und lässig, kaugummikauend und Hände in den Taschen, durch die Straßen patrouillierten. Auch er selbst habe von der Weltoffenheit der Amerikaner profitiert. Manchmal habe der Soldat Charlie ihn und seine Freunde ein Stück auf seinem Jeep mitfahren lassen.
Dies sei allerdings erst später möglich gewesen, als die strengen Vorschriften etwas gelockert wurden. Vor allem die Ausgangssperre ab 18 Uhr, bei der alle mit geschlossenen Fenstern und Türen im Haus sein mussten, sei zu Beginn stark kontrolliert worden. Aber nicht nur die in Nördlingen stationierten Amerikaner hat Degen in positiver Erinnerung behalten.
Auch die aus Amerika eingeflogenen Care-Pakete für Kinder vermisster und gefallener deutscher Väter seien ein Erlebnis für sich gewesen. „Ich weiß noch ganz genau, wie es geschmeckt hat, das erste Mal in meinem Leben Schokolade zu essen. Das war schon etwas Besonderes“, meint Degen mit verträumtem Blick.
Aber der Schrecken des Krieges saß damals auch den Kindern noch in den Knochen: „Die Dose mit den Erdnüssen haben wir ganz, ganz vorsichtig aufgemacht. Hätte ja auch in die Luft gehen können.“Degen jedenfalls ist froh, heute in einer hoffentlich auch weiterhin andauernden Zeit stabilen Friedens zu leben, in welcher Kinder zu Weihnachten selbstverständlich einen bunt eingepackten Schokonikolaus bekommen.