Er lässt es auf der Bühne krachen
Roland Pusch zaubert Spezialeffekte und Feuerwerke für den VAN
An Silvester ist Pusch ganz Privatmann
Bühnen-Pyrotechnik steht nie für sich allein, sie ist eng verknüpft mit Regiearbeit, Auftritt der Schauspieler, Elektronik, Mechanik, Bühnenbau, Schweißarbeiten, Sicherheitsüberwachung und natürlich dem hoch spezialisierten Wissen von Pyrotechnikern wie Roland Pusch. Der wurde im letzten Jahr vom Vorstand des Vereins Alt Nördlingen (VAN) gefragt, ob er nicht einen entsprechenden Kurs belegen wolle, um professionelle Spezial-Effekte auf die FreilichtBühne zu zaubern; bislang hatte man sich hier auf solide und sichere Handwerksarbeit verlassen.
Als Elektrotechniker-Meister hatte er einen fachlichen Bezug, als langjähriger Bühnentechniker und Schauspieler im VAN-Kinderstück kennt er sich mit Bühnenabläufen bestens aus. Das waren schon einmal die ersten von sehr strengen Voraussetzungen, um vom Gewerbeaufsichtsamt Augsburg zu dem fünftägigen Kurs überhaupt zugelassen zu werden. Weitere Bedingungen: ein Mindestalter von 21, keinerlei polizeilichen Einträge in den letzten fünf Jahren, sogar die Mütter der Antragsteller werden überprüft, ob sie vielleicht Strafen „übernommen“haben. Mindestens 15 pyrotechnischen Effekten muss man schon beigewohnt haben, alle fünf Jahre ist ein Auffrischungs-Kurs fällig; setzt man zwei Jahre lang aus, ist der Schein verfallen.
Den Kurs belegte Roland Pusch in der Pyrotechnikerschule „Hummig Effects“in Peißenberg – hier werden unter anderem die Profis für „Cobra 11“geschult. „Vor der Prüfung war ich aufgeregter als bei der Meisterprüfung“, erinnert sich Pusch. Die Theorie ist in einem Ordner mit mehreren hundert Seiten zusammengefasst, als praktische Prüfung musste er mit einer Treib- Schaumstoff-„Steine“aus einem Glasfaserrohr prasseln lassen und im Team einen LycopodiumAbschuss praktizieren, bei dem Bärlapp-Blütensporne in einer kontrollierten großen Flamme rückstandsfrei abgebrannt werden.
Die erste Aufgabe auf der Freilichtbühne Alte Bastei war der einstürzende Tunnel bei „Schikaneder“und „Urmel“, wo die Verflechtungen mit allen Beteiligten extrem zum Tragen kamen: „Erst einmal musste die Regie sagen, was sie wollte, nämlich keine Flammen, aber Einsturz mit großer Staubwolke.“Umgekehrt musste die Inszenierung so angelegt sein, dass die Schauspieler aus dem Gefahrenbereich waren. Dann galt es, sich mit dem Bühnenbau zu koordinieren – der konstruierte mechanische Schütten, aus denen feuerfest präparierte Styropor-Felsen kullerten und die gleichzeitig wie einbrechende Balken wirkten.
Ein Feuerwehrmann kontrollierte, dass für das Publikum und brennbare Gegenstände auf und hinter der Bühne keine Gefahr beladung stand, die Auslöse-Elektronik wurde wie Licht und Ton in den Inszenierungsablauf integriert.
Jeder Effekt hat andere Schwerpunkte: der Gewehrschuss des Königs auf das Urmel mit Treffer in die Kulissenwand hatte nichts mit einer echten Waffe zu tun, wohl aber mit präzise abgestimmten elektronischen Schaltungen, die berstende Uhr im diesjährigen „Kleinen Gespenst“diente zur Ablenkung von der Verwandlung des weißen in das schwarze Gespenst, beim Kanonenschuss in Richtung Publikum mussten Daten wie Schusswinkel und Sicherheitsabstand exakt festgelegt werden – ähnliches gilt bei Kanonenschüssen der „Landsknechte 1634 Nördlingen“, denen Roland Pusch ebenfalls angehört und die aus dem VAN hervorgingen.
Natürlich ist Pusch auch im nächsten Jahr beim „Kleinen Ritter Trenk“gefragt (es hat möglicherweise etwas mit einen feuerspeienden Drachen in Lebensgröße zu tun…). Das alljährliche BühnenFeuerwerk ist eine regelrechte Effekt-Choreografie, deren Aufbau anderthalb Stunden in Anspruch nimmt. Es nennt sich „VerbundFeuerwerk“, weil die Zündschnüre so miteinander verbunden sind, dass die sieben Effekt-Elemente, sprich größere Ausgaben der handelsüblichen Feuerwerksbatterien, in einer präzise festgelegten Abfolge zünden.
Heute Abend ist der Pyrotechniker aber ganz Privatmann, der Feuerwerkskörper abfeuert, die Jedermann im Geschäft kaufen kann. Nur in Sachen Sicherheit bleibt er ganz der Profi: „Alle Feuerwerkskörper haben eine Gewalt, die man keinesfalls unterschätzen darf.“