Geheimdienste als Prügelknaben
Man kann zu den mit guten Gründen umstrittenen USGeheimdiensten stehen, wie man will: Doch die Positionswechsel ihres künftigen Chefs sind geradezu atemberaubend. Vor wenigen Jahren hat Donald Trump für die Enthüllungen der Online-Plattform Wikileaks die Todesstrafe gefordert. Nun zitiert der 70-Jährige ihren Gründer, um Russlands Präsident Wladimir Putin zu verteidigen.
Julian Assange hat sich zwischen diesen beiden Statements nicht geändert. Aber diesmal kam sein Dienst Trump gelegen: Die Wikileaks-Enthüllungen haben Trumps politischen Gegnern geschadet. Das nationale Interesse ist offenbar nachrangig. Trump ist auf einem Auge blind – vielleicht aber auch ganz bewusst: Er hat sich wochenlang geweigert, die Hinweise der US-Dienste überhaupt anzuschauen. Assange und Putin gegenüber gab es eine solche Reserve nicht.
Vor diesem Hintergrund ist die überparteiliche Sorge durchaus verständlich: Treiben Trump andere Motive als nur die Sorge um die öffentliche Legitimation seines Sieges? Würden sie aus den Steuerunterlagen ersichtlich, die er bis heute zurückhält? Gibt es sonstige Verbindungen in den Kreml?
Fragen, die auch verbündete Nationen betreffen. Wenn Trump nach dem Treffen mit seinen Geheimdienstspitzen weiter an der Sache vorbeiredet, werden seine künftigen Kabinettsmitglieder im Kongress schwierige Fragen beantworten müssen. Die amtierende Regierung wird bei der Veröffentlichung ihres Berichts kommende Woche mit dem Zensurstift noch sparsamer umgehen als ohnehin angekündigt.
Und die frustrierten Dienste selbst könnten genau das tun, was Trump zu früheren Zeiten einmal gefährlich fand: wichtige Informationen durchzustechen.