Doch mehr Gewerbesteuer?
Wieder fehlen im Nördlinger Etat Millionen. Grüne/Frauenliste greifen einen Vorschlag der Stadtteilliste vom vergangenen Jahr auf – und gehen noch einen Schritt weiter
Wer mehr ausgibt, als er einnimmt, hat über kurz oder lang ein Problem – und nur zwei Möglichkeiten: Er kann seine Ausgaben verringern oder seine Einnahmen steigern. Das gilt sowohl für den Normalbürger, als auch für die Stadt Nördlingen. Doch während man oder frau nach Feierabend beispielsweise bedienen muss, um an mehr Geld zu kommen, hat die Stadt eine andere Möglichkeit. Denn ihr Rat kann Steuern erhöhen – wie zuletzt 2015 die Grundsteuer.
Die Finanzen Nördlingens sind heuer nicht zuletzt aufgrund der beiden Großprojekte Bahnhof und Wemdinger Unterführung recht angespannt, im diesjährigen Etat klafft eine Millionen-Lücke. Auch deshalb hat die Fraktion Grüne/Frauenliste vorgeschlagen, den Hebesatz für die Gewerbesteuer zu erhöhen. Nun ist diese Idee nicht neu – erst im vergangenen Jahr hatte die Stadtteilliste dieselbe. Damals beantragte die Fraktion um Thomas Mittring eine Anhebung um 20 Punkte – also von 340 auf 360. Unterstützt wurde dieser Vorstoß von Kämmerer Bernhard Kugler. Er befürwortete sogar 370 Punkte und rechnete vor, dies würde der Stadt alleine 2016 mehr als eine Million Euro mehr einbringen. Doch eine Mehrheit aus CSU, PWG und SPD lehnte den Vorschlag damals ab. Die Gewerbesteuer zu erhöhen sei ein „falsches Signal“, argumentierte im vergangenen Jahr die Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten, Rita Ortler. Und sie sagte: „Vielleicht müssen wir anfangen, uns gesund zu schrumpfen.“
Jetzt also der Vorstoß von Grünen/Frauenliste – mit einem Unterschied: In ihrem Antrag fordert die Fraktion, gleich auf 390 Prozentpunkte zu gehen. Das würde für Nördlingen rund zwei Millionen Euro Mehreinnahmen bedeuten. Kämmerer Kugler blieb dagegen bei seinem Vorschlag vom vergangenen Jahr. Er verwies auf andere Städte im Landkreis Donau-Ries. So habe Donauwörth mittlerweile 370 Prozentpunkte, Wemding liege bei 350, Oettingen bei 360, Dinkelsbühl bei 380. „Ich sehe keine großen Alternativen“, betonte Kugler. Schließ- lich wolle man vermeiden, die Zuschüsse für Vereine oder Kirchen zu verringern. Seit 1974 habe man den Hebesatz bei 340 gehalten: „Ich denke, auch mit 370 wird sich Nördlingen weiterhin gut entwickeln.“
Vehementer Widerspruch kam wieder von der PWG und von den Christsozialen. Joachim Sigg (PWG) sagte, bei Gewerbeansiedlungen seien die größten Konkurrenten Nördlingens Wallerstein oder Deiningen: „Und da ist es wesentlich günstiger.“Nördlingen habe eine schlechte Infrastruktur, zunehmend Vollbeschäftigung – und damit gebe es auf dem Markt auch kaum Arbeitskräfte. Siggs Verweis auf Bopfingen, wo kürzlich ein Wirtschaftsförderer bei der Stadt angestellt wurde, stieß den Vertretern der Stadtverwaltung sauer auf. Oberbürgermeister Hermann Faul und Hauptamtsleiter Peter Schiele verteidigten ihre Arbeit, Kugler meinte sogar: „Wir schlagen da nach jeder Fliege.“Siggs Haltung in Sachen Gewerbesteuer unterstützen dagegen Vertreter der CSU. Jörg Schwarzer etwa argumentierte, das Modell Nördlingen sei in den vergangenen Jahren kein schlechtes gewesen, es habe viele Neuansiedlungen gegeben: „390 sind absolut indiskutabel.“
Rudi Kokoul verteidigte den Vorstoß seiner Partei, 2015 habe man schon den kleinen Bürger belastet: „Wir lassen uns hier Einnahmen entgehen.“Zumal nur ein Viertel der Gewerbetreibenden überhaupt die Steuer zahle, argumentierte seine Fraktionskollegin Sonja Kuban. PWG-Fraktionsvorsitzender Helmut Beschlag wunderte sich über die gesamte Debatte. Er sei erst bereit, diese zu führen, wenn klar ist, wo man mit dem Etat am Ende stehe. Ähnlich sah das auch Thomas Mittring, Fraktionsvorsitzender der Stadtteilliste: In der finalen Sitzung, wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen, müsse darüber entschieden werden: „390 geht nicht. Über alles andere kann man reden.“Auch für Rita Ortler ist die Gewerbesteuererhöhung 2017 eine Option – allerdings nicht in der von den Grünen angestrebten Höhe.
Wann der Stadtrat über das Thema tatsächlich abstimmt, ist noch unklar.