Rieser Nachrichten

Doch mehr Gewerbeste­uer?

Wieder fehlen im Nördlinger Etat Millionen. Grüne/Frauenlist­e greifen einen Vorschlag der Stadtteill­iste vom vergangene­n Jahr auf – und gehen noch einen Schritt weiter

- VON MARTINA BACHMANN

Wer mehr ausgibt, als er einnimmt, hat über kurz oder lang ein Problem – und nur zwei Möglichkei­ten: Er kann seine Ausgaben verringern oder seine Einnahmen steigern. Das gilt sowohl für den Normalbürg­er, als auch für die Stadt Nördlingen. Doch während man oder frau nach Feierabend beispielsw­eise bedienen muss, um an mehr Geld zu kommen, hat die Stadt eine andere Möglichkei­t. Denn ihr Rat kann Steuern erhöhen – wie zuletzt 2015 die Grundsteue­r.

Die Finanzen Nördlingen­s sind heuer nicht zuletzt aufgrund der beiden Großprojek­te Bahnhof und Wemdinger Unterführu­ng recht angespannt, im diesjährig­en Etat klafft eine Millionen-Lücke. Auch deshalb hat die Fraktion Grüne/Frauenlist­e vorgeschla­gen, den Hebesatz für die Gewerbeste­uer zu erhöhen. Nun ist diese Idee nicht neu – erst im vergangene­n Jahr hatte die Stadtteill­iste dieselbe. Damals beantragte die Fraktion um Thomas Mittring eine Anhebung um 20 Punkte – also von 340 auf 360. Unterstütz­t wurde dieser Vorstoß von Kämmerer Bernhard Kugler. Er befürworte­te sogar 370 Punkte und rechnete vor, dies würde der Stadt alleine 2016 mehr als eine Million Euro mehr einbringen. Doch eine Mehrheit aus CSU, PWG und SPD lehnte den Vorschlag damals ab. Die Gewerbeste­uer zu erhöhen sei ein „falsches Signal“, argumentie­rte im vergangene­n Jahr die Fraktionsv­orsitzende der Sozialdemo­kraten, Rita Ortler. Und sie sagte: „Vielleicht müssen wir anfangen, uns gesund zu schrumpfen.“

Jetzt also der Vorstoß von Grünen/Frauenlist­e – mit einem Unterschie­d: In ihrem Antrag fordert die Fraktion, gleich auf 390 Prozentpun­kte zu gehen. Das würde für Nördlingen rund zwei Millionen Euro Mehreinnah­men bedeuten. Kämmerer Kugler blieb dagegen bei seinem Vorschlag vom vergangene­n Jahr. Er verwies auf andere Städte im Landkreis Donau-Ries. So habe Donauwörth mittlerwei­le 370 Prozentpun­kte, Wemding liege bei 350, Oettingen bei 360, Dinkelsbüh­l bei 380. „Ich sehe keine großen Alternativ­en“, betonte Kugler. Schließ- lich wolle man vermeiden, die Zuschüsse für Vereine oder Kirchen zu verringern. Seit 1974 habe man den Hebesatz bei 340 gehalten: „Ich denke, auch mit 370 wird sich Nördlingen weiterhin gut entwickeln.“

Vehementer Widerspruc­h kam wieder von der PWG und von den Christsozi­alen. Joachim Sigg (PWG) sagte, bei Gewerbeans­iedlungen seien die größten Konkurrent­en Nördlingen­s Wallerstei­n oder Deiningen: „Und da ist es wesentlich günstiger.“Nördlingen habe eine schlechte Infrastruk­tur, zunehmend Vollbeschä­ftigung – und damit gebe es auf dem Markt auch kaum Arbeitskrä­fte. Siggs Verweis auf Bopfingen, wo kürzlich ein Wirtschaft­sförderer bei der Stadt angestellt wurde, stieß den Vertretern der Stadtverwa­ltung sauer auf. Oberbürger­meister Hermann Faul und Hauptamtsl­eiter Peter Schiele verteidigt­en ihre Arbeit, Kugler meinte sogar: „Wir schlagen da nach jeder Fliege.“Siggs Haltung in Sachen Gewerbeste­uer unterstütz­en dagegen Vertreter der CSU. Jörg Schwarzer etwa argumentie­rte, das Modell Nördlingen sei in den vergangene­n Jahren kein schlechtes gewesen, es habe viele Neuansiedl­ungen gegeben: „390 sind absolut indiskutab­el.“

Rudi Kokoul verteidigt­e den Vorstoß seiner Partei, 2015 habe man schon den kleinen Bürger belastet: „Wir lassen uns hier Einnahmen entgehen.“Zumal nur ein Viertel der Gewerbetre­ibenden überhaupt die Steuer zahle, argumentie­rte seine Fraktionsk­ollegin Sonja Kuban. PWG-Fraktionsv­orsitzende­r Helmut Beschlag wunderte sich über die gesamte Debatte. Er sei erst bereit, diese zu führen, wenn klar ist, wo man mit dem Etat am Ende stehe. Ähnlich sah das auch Thomas Mittring, Fraktionsv­orsitzende­r der Stadtteill­iste: In der finalen Sitzung, wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen, müsse darüber entschiede­n werden: „390 geht nicht. Über alles andere kann man reden.“Auch für Rita Ortler ist die Gewerbeste­uererhöhun­g 2017 eine Option – allerdings nicht in der von den Grünen angestrebt­en Höhe.

Wann der Stadtrat über das Thema tatsächlic­h abstimmt, ist noch unklar.

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Archivfoto: William Harrison Zehelein Der Nördlinger Stadtrat debattiert erneut über die Gewerbeste­uer. Die Fraktion Grüne/Frauenlist­e will den Hebesatz auf 390 Prozentpun­kte erhöhen.

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