Streit um ein Millionenprojekt
Der umfassende Umbau der Baldinger Talergasse soll eigentlich die Situation der Anwohner verbessern. Doch die fühlen sich teils ignoriert – und müssen trotzdem bezahlen
Der Asphalt auf der Straße ist uneben und brüchig. Schon mehrfach wurde hier versucht nachzubessern. Auch die Gehwege gleichen einem Flickenteppich. Bei Anwohnern kommt es immer wieder zu Wasserrohrbrüchen, weil die unterirdischen Versorgungsleitungen veraltet sind. Die Talergasse in Baldingen hat sich zu einem Problemfall entwickelt, den die Stadt Nördlingen mit einer umfassenden Sanierung lösen möchte. Neue Straße, neue Gehwege, neue Leitungen. Das finden die meisten der 39 Anwohner grundsätzlich gut. Doch bei der Umsetzung gehen die Meinungen weit auseinander.
Den Entwürfen des beauftragten Planungsbüros Moser und Ziegelbauer zu Folge wird die Sanierung der Talergasse rund 1,15 Millionen Euro kosten. Bei der Gestaltung habe man versucht, die Interessen aller Anwohner zusammenzubringen, sagte der Nördlinger Oberbürgermeister Hermann Faul bei der Präsentation des Vorhabens im Bau- ausschuss. Herbert Vogt sieht das anders. Der Baldinger führt ein Unternehmen in der Talergasse und fühlt sich vor vollendete Tatsachen gestellt. Mit Bürgerbeteiligung habe die Neugestaltung der Talergasse wenig zu tun, findet er. Von den Entwürfen der Straße habe er erst aus den erfahren.
Vogt war auf der Anwohnerversammlung anwesend, die von den Planern und der Stadt Anfang Dezember organisiert wurde. Dort hätten er und einige seiner Nachbarn den Wunsch geäußert, dass die Planer auf die vielen Bäume am Straßenrand verzichten sollten. „Jedes Haus hat einen Garten, da brauchen wir doch vor der Tür nicht überall noch Bäume pflanzen, deren Laub wir kehren dürfen“, argumentiert Vogt. Er ärgere sich, dass seit der Anwohnerversammlung niemand mehr mit ihm oder seinen Nachbarn gesprochen habe. „Dabei wurde uns gesagt, es soll noch ein Treffen geben“, erinnert sich Vogt. Stadtsprecher Rudi Scherer widerspricht. Doch in den finalen Entwürfen seien Vorschläge der Anwohner teils komplett ignoriert worden, kritisiert Vogt weiter.
Stadtrat Thomas Mittring (Stadtteilliste), selbst in der Baldinger Talergasse wohnhaft, versucht die Wogen zu glätten. Viele der Anregungen seien in die Planung mit eingegangen, erzählt Mittring, der die Umgestaltung der Straße befürwortet. Eine Verlegung der Altglascontainer sei etwa wieder gestrichen worden, genau wie der Plan, eine Blumenwiese anzulegen. Auch die Bedenken mancher Anwohner wegen einer drohenden Hochwassergefahr habe man ernstgenommen. Er sei nach der Versammlung in Kontakt mit der Verwaltung gewesen und habe die Umplanungen beratend begleitet.
Noch mehr Sorge als die Anzahl der Bäume bereitet den Anwohnern allerdings die stolze Summe von 1,15 Millionen Euro, die sie zum Teil mittragen müssen. Wie viel Vogt und seine Nachbarn zahlen müssen, ist noch nicht klar. Einerseits sei noch nicht bekannt, wie viel der Umbau tatsächlich koste, bisher gebe es schließlich nur eine Schätzung, sagt Scherer. Es komme auch darauf an, in welche Kategorie Straße die Talergasse fällt. Bei einer Hauptverkehrsstraße würden die Anlieger 20 Prozent der Fahrbahn und 40 Prozent der Kosten für Radund Gehwege übernehmen müssen. Falle die Talergasse in die Kategorie „Haupterschließungsstraße“, müssten die Anlieger 40 Prozent der Fahrbahn und die Hälfte der Rechnung für Rad- und Gehwege aus eigener Tasche zahlen. Wie schwer es jeden Einzelnen der 39 Bewohner trifft, hängt laut Stadt von der Größe des Grundstücks und der Bebauung ab.
Wie teuer so etwas werden kann, hat ein Extremfall aus Nördlingen deutlich gemacht. Bei der Sanierung im Bereich am Schäfflesmarkt sollte ein Anlieger sich mit 94000 Euro beteiligen. Erst nach Protesten der Bürger kam die Stadt einigen Anwohnern entgegen.
Die Anlieger müssen einen Teil der Kosten tragen