Kurze Leine für Kritiker
Das Bild von der Arbeit eines Fußball-Berichterstatters hat traumhafte Züge. Der Journalist schaut auf Verlagskosten Fußball, plaudert mit Weltstars über die Viererkette und hinterher schreibt er darüber. Dafür bekommt er auch noch Geld. Grob gesagt ist das die Wahrheit – aber auch nur ein Teil davon. Der weniger erfreuliche Teil berührt den eigentlichen Sinn seines Wirkens: das Verbreiten von Information.
Was früher eines kurzen Anrufs beim Trainer oder Spieler bedurfte, ist heute ohne Anfrage bei der Medienabteilung in der Regel unmöglich. Dafür können die Vereine nichts. Sie müssen den medialen Ansturm auf den Fußball steuern. Was die Arbeit für Journalisten allerdings oft schwer macht, ist das Selbstverständnis von Vereinen und Verbänden. Einerseits wollen sie weiter identitäts- und gemeinschaftsstiftende Fußballfamilien sein, andererseits handeln sie wie Wirtschaftskonzerne.
Mediendirektoren und Pressesprecher verstehen sich als Schleusenwärter des Nachrichtenflusses. An ihnen geht kein Interview, nicht einmal ein einzelnes Zitat, ungeprüft vorbei. Auch die größten Banalitäten unterliegen dem Gebot der Autorisierung. Wer einen Nebenweg nimmt, wird abgestraft. Das ist in den Spielerverträgen festgehalten. Widerspenstige Journalisten erhalten keine Interviewtermine mehr.
Vereine und Verbände nehmen die Berichterstattung oder das, was sie dafür halten, inzwischen selbst in die Hand. Dafür gibt es den eigenen Nachrichtenkanal, das eigene Fan-TV. Kritisches ist dort freilich nicht zu finden.
Wehe, die Zeitung zieht in die Gegenrichtung
Auf Kritik, zumal wenn sie von ortsnahen Medien kommt, reagieren die Klubs empfindlich. Dahinter steckt die Vorstellung, Verein und Zeitung müssten an einem Strang ziehen, schließlich gehe es um eine gemeinsame Sache. Zieht die Zeitung in eine andere Richtung, reagieren Profis und Präsidenten abweisend. Der TSV 1860 München hat nun drei Zeitungen die Dauerakkreditierung entzogen. Sie hatten kritisch über die Löwen berichtet, was angesichts der ständigen Turbulenzen beim Zweitligisten unumgänglich ist.
Zukünftig gibt es für Journalisten von tz, Münchner Merkur und Bild
München nur noch Tagesakkreditierungen. Der Verein kann unliebsame Journalisten damit einfacher aussperren. Die Löwen hatten schon vor Wochen diesen Weg eingeschlagen, in dem sie Medienvertreter boykottierten. Der Zweitligist sieht derzeit „keine Basis für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit“mehr. Was für ein Missverständnis! Journalisten und der Verein, über den sie auch mal kritisch berichten müssen, können und sollten gar nicht „partnerschaftlich zusammenarbeiten“.