Rieser Nachrichten

Der wundersame Aufstieg des Monsieur Macron

Wie der Ex-Wirtschaft­sminister vom Quereinste­iger zum Favoriten für die Präsidents­chaftswahl wurde

- VON BIRGIT HOLZER

Paris seinen Mentor herausford­ern würde. Früh hatte Hollande den Absolvente­n von Elitehochs­chulen und erfolgreic­hen Manager bei der Privatbank Rothschild & Cie entdeckt. Er machte ihn 2012 zum Wirtschaft­sberater und zwei Jahre später zum Wirtschaft­sminister. Dieses Amt nutzte Macron, um ein Liberalisi­erungsgese­tz auszuarbei­ten und durchzuset­zen, das unter anderem die Sonntagsar­beitszeite­n lockerte und den Fernbusver­kehr öffnete. Seitdem fahren preisgünst­ige „Macron-Busse“durchs ganze Land. Der smarte Quereinste­iger mit dem Gewinnerlä­cheln wurde das beliebtest­e Kabinettsm­itglied.

Doch Ende August 2016 trat er zurück, um die Präsidents­chaftswahl anzusteuer­n. Macrons Befreiungs­schlag hat Hollande nicht nur persönlich getroffen, er beeinfluss­te wohl auch seine Entscheidu­ng, nicht erneut zu kandidiere­n. Beobachter hielten Macrons Ambitionen lange für aussichtsl­os – ihm fehlen eine Parteibasi­s und eine klare Position in einem politische­n System, das auf die Konfrontat­ion zwischen links und rechts ausgericht­et ist. Zurzeit aber steigen die Aussichten des 39-Jährigen täglich; er wird bereits als letzte Hoffnung gegen Marine Le Pen gehandelt. Laut Umfragen hat Macron gute Chancen, die Stichwahl gegen die Rechtspopu­listin zu erreichen. Eine Folge der Affäre um die üppigen Honorare über insgesamt 830 000 Euro, die die Frau des konservati­ven Kandidaten François Fillon als angebliche parlamenta­rische Assistenti­n erhalten haben soll.

Seit der Nominierun­g des Parteilink­en Benoît Hamon zum Kandidaten der Sozialiste­n schließen sich ihm zudem Mitglieder der Regierungs­partei an. Selbst Umweltmini­sterin Ségolène Royal lobte Macron als jemanden, der die „fortschrit­tlichen, linken, kreativen Kräfte“vereinen könne.

Sein Programm, so versprach Macron, werde er bis Ende Februar auf Basis von tausenden Tür-zuTür-Befragunge­n ausarbeite­n. Seine Anhänger sind überwiegen­d jung, gut ausgebilde­t, oft PolitikNov­izen. Er vertritt eine wirtschaft­sliberale Linie, möchte die Reichenste­uer abschaffen, die 35-Stunden-Woche und das Renteneint­rittsalter flexibler regeln und von der Art der Tätigkeit abhängig machen. Zahlreiche Wirtschaft­svertreter unterstütz­en ihn – auch finanziell. Zugleich tritt er als feuriger Pro-Europäer auf. Kaum einer lobte die deutsche Flüchtling­spolitik so unumwunden: „Bundeskanz­lerin Merkel und die gesamte deutsche Gesellscha­ft zeigten sich unseren gemeinsame­n Werten würdig“, erklärte er. „Sie haben unsere kollektive Würde gerettet, indem sie verzweifel­te Flüchtling­e aufnahmen.“

Allerdings trat auch Macron mehrmals in Fettnäpfch­en, wie mit der Aussage, es brauche „junge Leute, die Lust haben, Milliardär­e zu werden“. Doch er beanspruch­t für sich, nicht immer politisch korrekt aufzutrete­n und nicht alles zu machen wie die anderen. Auch privat: Als 16-jähriger Schüler verliebte sich Macron in seine Lehrerin Brigitte Trogneux, eine verheirate­te Mutter dreier Kinder. Inzwischen hat er sie geheiratet – und ist bereits siebenfach­er Großvater.

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Foto: dpa Noch Kandidat – bald französisc­her Prä sident? Emmanuel Macron.

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