Wird er Mathe-Weltmeister in Rio?
Lukas Gehring zählt zu Deutschlands besten Nachwuchs-Mathematikern. In diesem Jahr will sich der 16-jährige Nördlinger international behaupten
Es gibt grundlegende Dinge, die ein Kind bei seiner Einschulung können sollte. Ein Elternratgeber empfiehlt unter anderem, den eigenen Namen zu kennen und auf einem Bein stehen zu können. Bei Lukas Gehring ging der Wissensstand weit darüber hinaus. Gerade in der Grundschule angekommen, konnte er als Knirps bereits mit zweistelligen Zahlen rechnen. „Ich habe mich schon im Kindergarten gerne mit Zahlen beschäftigt“, sagt der heute 16-Jährige aus Nördlingen (Donau-Ries).
Dass er einmal zu Deutschlands besten Nachwuchsmathematikern zählen würde, zeichnete sich früh ab. Spätestens, als Gehring bei einem Mathematikwettbewerb in der Grundschule die volle Punktzahl erreichte, war Eltern und Lehrern klar: Der Junge ist außerordentlich veranlagt. Am Wochenende besuchte er Hochbegabtenkurse in einem Nürnberger Förderzentrum. Nach dem Übertritt aufs Gymnasium nahm er regelmäßig an Mathematikwettbewerben teil. Mit Erfolg, versteht sich. Über Auswahlwettbewerbe qualifizierte sich Gehring im vergangenen Jahr für die Mitteleuropäische Mathematik-Olympiade, bei der er für Deutschland die Bronzemedaille im Einzelwettbewerb gewann. „Mein bisher größter Erfolg“, sagt Gehring.
Seit dem Alter von 14 Jahren ist er Schülerstudent an der Universität Augsburg. Bedeutet: Er besucht parallel zur Schule einen Kurs pro Semester. Die anfängliche Skepsis seiner zum Teil deutlich älteren Kommilitonen – schließlich sitzt Gehring in einer Vorlesung für herkömmliche Studenten – legte sich schnell. Zu überzeugend waren seine Leistungen. Zwei seiner drei Algebra-Kurse legte er mit der Note 1,0 ab. Dazu besuchte er zwei Informatik-Vorlesungen. Hausieren will er mit seinem Talent nicht. „Ich versuche, das in Gesprächen zu vermeiden, um nicht sofort als Streber abgestempelt zu werden“, sagt er. Seine Begeisterung für Zahlen liegt in den Genen. Die Mutter ist Mathematiklehrerin, der Vater Informatiker. Die ältere seiner beiden Schwestern studiert Mathematik. Das ist auch sein Ziel. Zuvor absolviert er in diesem Jahr das Abitur. Die volle Punktzahl in Mathematik ist, wie in den vergangenen Jahren, fest eingeplant. Neben der Naturwissenschaft, für die er als Nebenjob Nachhilfe gibt, ist die Musik seine zweite große Leidenschaft. Er spielt Fagott, Klavier und Keyboard, singt in einem Gospelchor und moderiert Konzerte. Dazu ist er als Webdesigner tätig. Bis vor einigen Jahren spielte er Tennis, das musste er aus Zeitgründen aufgeben.
Denn Genie zu sein bringt mitunter Termindruck mit sich. Am heutigen Dienstag steht er im Finale des Bundeswettbewerbs Mathematik in Schmitten im Taunuskreis. Am 10. Februar beginnt der Auswahlwettbewerb für die Internationale Mathematik-Olympiade im Juli in Rio de Janeiro, die Weltmeisterschaft für junge Mathe-Genies. „Das ist mein ganz großes Ziel“, sagt Gehring.